Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, Marko Feingold, bei einer Stolpersteinverlegung. Das Foto entstand im Jahr 2010. Marko Feingold war damals 97 Jahre jung.

foto: komitee stolpersteine/siebinger

Salzburg – Er ist der älteste Überlebende des Holocaust in Österreich: Am kommenden Sonntag wird der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, Marko Feingold, 104 Jahre alt. Feingold wurde am 28. Mai 1913 in Neusohl – heute Banská Bystrica in der Slowakei – geboren. Er hat mit Auschwitz, Neuengamme, Dachau und Buchenwald vier Konzentrationslager überlebt. Seit 1979 ist er Präsident der kleinen Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg.

Historische Verdienste hat sich Feingold vor allem in den Jahren nach 1945 erworben: Als Leiter der jüdischen Flüchtlingsorganisation "Bricha" organisierte er die Flucht von zehntausenden Juden nach Palästina. Unterstützung von den lokalen Behörden gab es damals kaum. Die Stimmung von damals erklärt Feingold immer an einem Beispiel: Lastkraftwagen zum Transport der "displaced persons" habe er erst erhalten, als er gedroht hatte, dass sonst die Juden in Salzburg bleiben würden.

Flucht über den Krimmler Tauern

Legendär ist auch die euphemistisch "Judenwanderung" genannte Flucht von 5000 Menschen im Sommer 1947 über den 2634 Meter hohen Krimmler Tauern von Salzburg nach Italien. Dieses Schlupfloch hatte Feingold ausgekundschaftet.

Seit 2007 organisiert der Verein Alpine Peace Crossing jedes Jahr eine Gedenktour vom Krimmler Tauernhaus über den Tauern ins Ahrntal. Heuer, zum 70. Jahrestag, ist die Gedenkveranstaltung für 22. bis 25. Juni angesetzt. Als Ehrengäste werden Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen und eben der Organisator der damaligen Flucht, Feingold, erwartet.

In der Erinnerungsarbeit ist Feingold jedenfalls kaum wegzudenken. 2014 war er in der der Produktion Die letzten Zeugen von Doron Rabinovici und Matthias Hartmann am Wiener Burgtheater auf der Bühne.

350 Stolpersteine in Salzburg

Feingold zeichne besonders "der Respekt vor allen NS-Opfern" aus, sagt der Salzburger Historiker Gert Kerschbaumer im STANDARD- Gespräch. Kerschbaum ist für die wissenschaftliche Aufarbeitung der Salzburger Stolpersteine und die Biografien der mehr als 350 Personen hinter den in der Stadt Salzburg verlegten Stolpersteinen verantwortlich. Feingold würdige alle Opfer, nicht nur die jüdischen, betont Kerschbaumer. "Das machen nicht alles so." Feingold habe bei fast allen Steinverlegungen teilgenommen.

Kommenden September sollen weitere 32 der kleinen Mahnmale verlegt werden, berichtet Kerschbaumer. Im Mittelpunkt stünden dabei Shoah-Opfer aus den Landgemeinden. Rund 60 Biografien habe er bereits recherchiert, alle in der Datenbank der Salzburger Stolpersteine abrufbar. Täglich würde rund 550-mal auf diese zugegriffen – vor allem aus dem englischsprachigen Ausland.

Private Feier

Den Geburtstag von Marko Feingold "werden wir ganz privat feiern", erzählt seine Frau, Hanna Feingold, im Gespräch mit dem STANDARD. Eine offizielle Veranstaltung sei nicht geplant. Tags darauf wird das Ehepaar Feingold einer katholischen Messe beiwohnen, die der Erzbischof von Salzburg, Franz Lackner, zum 80. Geburtstag seines Vorgängers Alois Kothgasser im Salzburger Dom feiert. Kothgasser wird am 29. Mai 80 Jahre alt. (Thomas Neuhold, 22.5.2017)