An dieses Gesicht wird man sich gewöhnen müssen: Alexander Zverev.

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Rom/Wien – Wie der Österreicher Dominic Thiem ist Alexander Zverev einer der Jungen Wilden, die derzeit die internationale Tennis-Szene aufmischen und den arrivierten Stars das Leben schwer machen. Der 20-Jährige ließ am Sonntag im Finale des Masters-Turniers in Rom Novak Djokovic keine Chance und steht damit als erster Deutscher seit Tommy Haas in den Top Ten der Tennis-Welt.

Der Erfolg über den Serben, der tags zuvor Thiems Erfolgslauf gestoppt hatte, soll nur der Anfang gewesen sein. Tennis-Legende Boris Becker, bis Ende des vergangenen Jahres noch Trainer von Djokovic, gratulierte Zverev umgehend zu seinem ersten großen Coup und prognostizierte: "Viele weitere Titel werden folgen."

"Eines der besten Matches, die ich je gespielt habe"

Womöglich schon bei den am kommenden Sonntag beginnenden French Open. Mit seinen Siegen bei den Turnieren in München und Rom hat sich nach dem 23-jährigen Thiem nun auch Zverev zumindest in die Rolle des Co-Geheimfavoriten gespielt. Zumal Melbourne-Champion Roger Federer pausiert, der Weltranglisten-Erste Andy Murray in der Krise steckt, Djokovic erst in Rom bis zum Finale wieder alte Form bewies und Sandplatz-Dominator Rafael Nadal immer wieder von seinem Körper gestoppt wird.

"Ich denke, das war heute eines der besten Matches, die ich je gespielt habe", sagte Zverev am Sonntag nach seinem imposanten 6:4,6:3-Erfolg, mit dem er Djokovic die Freude auf dessen 30. Geburtstag (Montag) etwas verdarb. Als erster Spieler, der in den 1990er-Jahren geboren ist, gewann Zverev damit einen ATP-Masters-1000-Titel und steht als Zehnter seit Montag unter den zehn besten Profis der Welt. Der dreieinhalb Jahre ältere Thiem ist weiterhin Siebenter.

Becker zeigt Interesse

In Paris, wo am Sonntag das zweite Grand-Slam-Turnier der Saison beginnt, soll der Erfolgslauf auch für den jungen Hamburger weitergehen. Im vergangenen Jahr war für den Davis-Cup-Profi in der französischen Hauptstadt bereits in der dritten Runde Schluss gewesen, sein Bezwinger damals hieß – Dominic Thiem.

Bisher ist Zverev bei den vier großen Major-Events noch nie groß in Erscheinung getreten. Wenn es in Melbourne, Paris, Wimbledon oder New York richtig ernst wird, war er immer schon wieder zu Hause. "Die Grand-Slam-Erfolge waren bei Alex bislang überschaubar. Der nächste Schritt wäre also, dass er mal in die zweite Woche kommt", hatte Becker zu Beginn des Jahres gefordert.

Emotionen auf dem Platz

Der dreimalige Wimbledonsieger sieht sich ein bisschen als Mentor des 1,98 Meter großen Schlakses. Selbst eine offizielle Funktion im Team von Zverev hat Becker für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Er erkennt sich in Deutschlands neuem Tennis-Star ein bisschen wieder. Auch Zverev ist sehr impulsiv und lebt seine Emotionen auf dem Platz aus – wie einst Becker.

"Wenn ich das nicht mehr mache, kann ich besser aufhören", sagte Zverev. Hin und wieder steht er sich mit dieser Art noch selbst im Weg, wie zuletzt in Madrid, als er gegen Pablo Cuevas im Viertelfinale die Partie noch aus der Hand gab.

Der Herren-Organisation ATP kommt der kometenhafte Aufstieg von Zverev gerade recht. Sie ist seit einiger Zeit dabei, die Generation um den Hamburger zu pushen, um neue Gesichter für die Zeit nach Federer, Nadal, Djokovic und Murray zu entwickeln. Erstmals richtet sie in diesem Jahr deshalb eine Art Mini-WM für die Youngster auf der Tour aus. Next Gen ATP Finals heißt die Veranstaltung in Mailand, für die Zverev als Zugpferd fest eingeplant ist.

Allerdings könnten die jüngsten Erfolge zum Problem werden. Denn in der Rangliste mit den Ergebnissen dieses Jahres belegt Zverev seit Montag Platz vier – und wäre damit für die ATP World Tour Finals der besten acht Spieler der Saison in London qualifiziert. (APA, 22.5.2017)

Tennis-Weltranglisten vom 22. Mai:

1. (1) Andy Murray (GBR) 10.370 Punkte
2. (2) Novak Djokovic (SRB) 7.445
3. (3) Stan Wawrinka (SUI) 5.445
4. (4) Rafael Nadal (ESP) 5.375
5. (5) Roger Federer (SUI) 5.035
6. (6) Milos Raonic (CAN) 4.360
7. (7) Dominic Thiem (AUT) 4.145
8. (8) Marin Cilic (CRO) 3.765
9. (9) Kei Nishikori (JPN) 3.560
10. (17) Alexander Zverev (GER) 3150

Weiter: 111. (114) Gerald Melzer (AUT) 495 137. (136) Jürgen Melzer (AUT) 429 270. (265) Sebastian Ofner (AUT) 193 277. (286) Michael Linzer (AUT) 186

Race (Top 8 bei World-Tour-Finale in London/12. bis 19.11.):
1. Rafael Nadal (ESP) 4.915 Punkte
2. Roger Federer (SUI) 4.045
3. Dominic Thiem (AUT) 2.445
4. Alexander Zverev (GER) 2.130
5. David Goffin (BEL) 1.730
6. Stan Wawrinka (SUI) 1.690
7. Novak Djokovic (SRB) 1.615
8. Grigor Dimitrov (BUL) 1.475