Thomas Schreiner dirigiert seit fünf Jahren das Spiel bei MoraBanc Andorra.

Foto: Bàsquet Club Andorra/Albert Martín

Mit Andorra hat Schreiner Real Madrid in jedem der drei bisherigen Duelle in der laufenden Saison voll gefordert. Alle Spiele gingen in die Overtime – nach 45 Minuten aber dann jeweils an die Madrilenen: 99:93 in der Copa del Rey, 96:92 und erst jüngst 88:86 in der Meisterschaft.

Foto: Bàsquet Club Andorra/Albert Martín

Mit guter Übersicht und solider Wurfquote aus der Distanz.

Foto: Bàsquet Club Andorra/Albert Martín

Wien/Andorra – In Ruhe einkaufen gehen kann Thomas Schreiner in Andorra la Vella schon lange nicht mehr. "Hier steppt der Bär", sagt der 30-jährige Niederösterreicher. Es gibt nur ein Thema, auf das ihn die Menschen in der 50.000-Einwohner-Gemeinde in den Pyrenäen ansprechen: Basketball. Schreiner trifft am Mittwochabend mit MoraBanc Andorra im Viertelfinale der Asociación de Clubs de Baloncesto (ACB), der ersten spanischen Liga, auf Real Madrid. Die Königlichen sind auch unter den Körben das Nonplusultra in Europa. "Real ist klarer Favorit, aber wir haben alle drei Spiele gegen sie in dieser Saison erst in der Verlängerung verloren. Vielleicht treffen wir einmal den letzten Wurf", sagt Schreiner.

Eine Statue werden sie für ihn in Andorra nicht errichten, aber der 1,95 Meter große Schreiner genießt schon hohes Ansehen im Verein. "Thomas ist eine Schlüsselfigur für unseren Erfolg in den vergangenen Jahren. Die Menschen in Andorra lieben und respektieren ihn sehr", sagt Pressechef Gabriel Fernandez.

Die Konstante

Für Schreiner ist es die sechste Saison im Andorra-Dress, kein Spieler ist länger beim Verein als er. Es ist eine spezielle Verbindung. Als einer von zwei Kapitänen half er als "ruhiger Führungsspieler" mit, die erste Playoff-Qualifikation für Andorra seit 22 Jahren zu schaffen. Begonnen hat Schreiners Abenteuer mit Andorra 2012 in der zweiten spanischen Liga, "damals war der Stellenwert des Basketballs hier vergleichbar mit Österreich". Mittlerweile kommen 5000 Zuschauer zu den Heimspielen, in denen 14 der 16 Saisonsiege gefeiert wurden. Auch der FC Barcelona wurde mit einer Niederlage heimgeschickt.

Highlights aus der spanischen Liga: Thomas Schreiner und Andorra besiegen sensationell den FC Barcelona.
ACB

Mit seiner Leistung war Thomas Schreiner zu Saisonbeginn nicht zufrieden. Die verpasste EM-Qualifikation mit dem Nationalteam im Sommer hinterließ mentale Müdigkeit, auch weil ihn zwischenzeitlich eine entzündete Talgdrüse im Brustbereich zu einer zweiwöchigen Pause gezwungen hatte. "Dass ich zwei Wochen im Jahr gar nicht trainiere, passiert normalerweise nie." Schreiner spielt seit elf Jahren für Österreich, das Nationalteam ist für den Teamkapitän keine lästige Verpflichtung, sondern Ehre. Auch wenn das auf Kosten seiner Klubkarriere geht. In der aktuellen Saison bringt es Schreiner in 32 Partien im Schnitt auf 18 Minuten, vier Punkte und drei Assists.

Keine Ehrfurcht

Gegner Real Madrid greift nach der dritten Meisterschaft en suite. Im Vorjahr schafften die Königlichen Unglaubliches, gewannen als erstes spanisches Team mit der Euro League, Meisterschaft, Pokal und Supercup die vier wichtigsten Titel in einer Saison. Mit Sergio Llull hat Real den besten Spieler Europas in seinen Reihen. Der spanische Nationalteamspieler hatte im Sommer ein millionenschweres NBA-Angebot von den Houston Rockets, die seine Draft-Rechte besitzen, abgelehnt. Schreiner wird vor Llull aber ebenso wenig in Ehrfurcht erstarren wie vor Luka Doncic. Der 18-jährige Slowene gilt als Wunderkind und Anwärter auf den ersten Pick im NBA-Draft 2018. "Wir dürfen sie nicht ins Laufen kommen lassen. Es geht um Kleinigkeiten, jeder Rebound, jeder Ballverlust zählt auf diesem Niveau."

Sein Leben hat sich für Schreiner in den vergangenen Jahren in Andorra kaum verändert. Er ist in eine größere Wohnung gezogen, fährt aber noch immer ein kleines Auto. "ich würde ja gerne öfter mit dem Rad fahren, aber hier oben in Andorra ist es von September bis April relativ kalt." Schreiner wohnt fünf Minuten von der Halle entfernt, nach 500 Würfen ist er in eineinhalb Stunden wieder daheim. Seinen roten Bart hat er sich ganz lange wachsen lassen. Ein Markenzeichen? NBA-Star James Harden von den Houston Rockets verkauft sich mit seinem markanten Haarwuchs im Gesicht millionenfach. Schreiner: "Ich vermarkte mich nicht selbst, bin auch nicht in sozialen Medien aktiv. Ich nütze die Zeit lieber zum Trainieren." (Florian Vetter, 23.5.2017)