Die Einsparungen in der Gesundheitsversorgung haben schon zahlreiche Proteste hervorgerufen.

Foto: AFP/David McNew

Washington – Während Donald Trump im Ausland Hände schüttelt, geht es zu Hause ans Eingemachte. Am Dienstag hat das Weiße Haus einen Haushaltsentwurf vorgestellt, bei dem Sozialprogramme unter die Räder kommen, die seit den 1960er-Jahren zur Grundausstattung des amerikanischen Staatswesens gehören.

Vor allem an Medicaid, ein Programm, das Geringverdienern nahezu kostenlose Arztbesuche ermöglicht, wird die Axt angelegt. In den nächsten zehn Jahren sollen die Ausgaben dafür um zwölf Prozent gekürzt werden, in absoluten Zahlen sind das rund 800 Milliarden Dollar. Wie das Budgetbüro des US-Kongresses schätzt, könnten allein dadurch etwa zehn Millionen Bedürftige ihre medizinische Versorgung verlieren. Auch bei Essensmarken, für Ärmere unentbehrlich, um nicht Hunger zu leiden, will die Regierung kräftig sparen – 193 Milliarden Dollar im Laufe der kommenden Dekade, ein Minus von 29 Prozent gegenüber dem heutigen Niveau.

Dabei sind die "Food Stamps" für viele ein Rettungsanker: Nach dem Crash der Finanzkrise halfen sie auch finanziell abgestürzten Mittelschichtfamilien, irgendwie über die Runden zu kommen. Im vergangenen Jahr wurden 44 Millionen Menschen auf diese Weise ganz oder teilweise mit Nahrungsmitteln versorgt.

Studenten sollen bluten

Zudem plant das Kabinett Trumps, Subventionen für Studentenkredite um 143 Milliarden Dollar zusammenzustreichen. Für Darlehen, wie sie angesichts exorbitanter Studiengebühren im Regelfall aufnehmen muss, wer ein College besuchen will. Die steuerfinanzierte Erwerbsunfähigkeitsrente soll mit 72 Milliarden Dollar weniger auskommen. Unangetastet bleiben dagegen die staatliche Rente (Social Security) sowie Medicare, ein Programm, das die Gesundheitsversorgung von Senioren sichert. Der Verteidigungsetat soll wiederum wachsen, in die Modernisierung maroder oder veralteter Straßen, Brücken und Flughäfen zusätzliches Geld fließen. Schließlich ist an von Uncle Sam bezahlten Elternurlaub gedacht, vorerst sechs Wochen lang. Ivanka Trump, die älteste Tochter des Präsidenten, hatte im Wahlkampf dafür plädiert.

Der Budgetdirektor des Weißen Hauses verkauft die Skizze als eine Blaupause ganz im Sinne des Steuerzahlers. "Dies ist seit langem das erste Mal, dass eine Administration einen Haushalt durch die Brille der Leute sieht, die tatsächlich Steuern zahlen", sagt Mick Mulvaney. Chuck Schumer, der ranghöchste Demokrat im Senat, spricht dagegen von vergessenen Versprechen. Trump habe der Arbeiterschaft den Rücken gekehrt, nachdem sie ihm geholfen habe, das Rennen ums Oval Office zu gewinnen. "Wir sollten seine Blaupause ignorieren und stattdessen im Kongress an vernünftigen Kompromissen arbeiten", schiebt der Senator aus New York hinterher.

Falsche Prämissen

Tatsächlich ist noch längst nicht beschlossene Sache, was Mulvaney an Zahlen präsentiert, ist es doch allein die Legislative, nicht die Exekutive, die über die Staatsausgaben bestimmt. Meist werden die Vorschläge der Regierung gründlich zerpflückt, bevor das Parlament sie verabschiedet. Zumal in diesem Fall manches darauf hindeutet, dass Trumps Riege mit falschen Prämissen arbeitet.

Die massiven Steuersenkungen, die nach ihrem Konzept parallel zu den Ausgabenkürzungen noch dieses Jahr Gesetzeskraft erlangen sollen, sind nach Ansicht von Experten seriös schlicht nicht gegenfinanziert. Nach den Worten David Stockmans, des Budgetdirektors Ronald Reagans, reicht selbst das gerade verkündete Sparpaket nicht aus, um das Defizit in den Griff zu bekommen. Zum einen gehören Medicare, Social Security und Verteidigung, die drei großen Posten, die nicht angetastet werden, zusammen mit den Zinszahlungen des Bundes zu den dicksten Haushaltsbrocken. Zum anderen müsste die US-Wirtschaft um mindestens drei Prozent pro Jahr wachsen, soll die Rechnung aufgehen. Und das kontinuierlich.

Optimistische Annahmen

"Ich sehe das nicht, nicht einmal annähernd", meint Stockman. Der Rezession im Zuge der Finanzkrise seien acht Jahre Aufschwung gefolgt, schon jetzt einer der längsten der amerikanischen Geschichte. Dass ein solcher Aufwärtstrend noch jahrelang andauere, ohne von einer Rezession unterbrochen zu werden, widerspreche allem, was das Land bisher an Erfahrungen gemacht habe. Weder die Notenbank Fed noch Wirtschaftsforschungsinstitute sagen ein derart hohes Wachstum voraus. (Frank Hermann aus Washington, 23.5.2017)