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Ivanka, Melania und Donald Trump bei der Papst-Audienz.

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Franziskus will nicht im Voraus über Donald Trump urteilen.

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Eine Gemeinsamkeit gibt es zwischen dem US-Präsidenten und dem Papst, zumindest in den Augen Donald Trumps: Der neue Papst sei ja "ein bescheidener Mann, genau wie ich", twitterte Trump nach der Wahl des Argentiniers ins Papstamt im Frühling 2013. Drei Jahre später war das Wohlwollen abgekühlt: Als Franziskus während des US-Wahlkampfs Trumps Mauerpläne als "unchristlich" abkanzelte, bezeichnete Trump dessen Äußerungen als "schändlich". Seither herrschte Funkstille.

Fest steht, dass das nun am Beginn seines Europa-Besuchs stehende Treffen des Mauerbauers mit dem obersten Brückenbauer, dem Pontifex maximus, viel Zündstoff bereithält: In der Frage der Flüchtlings- und Migrationspolitik, aber auch bezüglich des Klimawandels und der Umweltpolitik gehen die Ansichten auseinander. Auch zu den Militäreinsätzen in Krisengebieten wie Syrien oder bezüglich des Schutzes sozial Schwächerer besteht eine sehr unterschiedliche Sicht.

Eine päpstliche Standpauke bei der Audienz am Mittwochmorgen ist unwahrscheinlich – einfach deshalb, weil das unüblich wäre. Der Papst habe kein Interesse, einen wichtigen Staatsführer bloßzustellen, so US-Jesuit und Vatikankenner Thomas Reese im Catholic National Reporter.

Im Kirchenstaat habe man jahrhundertelange Erfahrung im Umgang mit politischen Führern – mit guten und schlechten, mit Freund und Feind. Der Vatikan wünsche "eine dauerhafte Beziehung mit der weltgrößten Supermacht" und werde sie "nicht für ein paar Schlagzeilen aufs Spiel setzen", zeigte sich Reese überzeugt.

Schon genug Probleme

Auch Franziskus hat zu verstehen gegeben, dass er nicht auf Konfrontation aus sei: "Ich werde ihn anhören und ihm sagen, was ich dazu denke, und er wird ebenfalls sagen, was er denkt", erklärte der Papst vor einigen Tagen im Hinblick auf die im Vatikan mit leichter Sorge erwartete Audienz. Es gebe immer Türen, die nicht ganz geschlossen seien, und es sei wichtig, durch diese einzutreten, um weiterzukommen. Auch Trump dürfte kein Interesse an einem Zusammenstoß haben: Er hat in Washington derzeit genug Probleme.

Trotz des beidseitigen Interesses, einen offenen Streit zu vermeiden, ist ein solcher angesichts des Temperaments der Gesprächspartner nicht ausgeschlossen. Franziskus hat mehrfach gezeigt, dass er immer für eine Überraschung gut ist, und zur Unberechenbarkeit des US-Präsidenten erübrigt sich jeder Kommentar.

Im Übrigen hat es zwischen allen Päpsten und US-Präsidenten Meinungsverschiedenheiten gegeben – Trump ist keine Ausnahme. Zwischen Johannes Paul II. und Bill Clinton drehte sich der Konflikt um Verhütung, Abtreibung und Ehe für alle – und wäre im November statt Trump Hillary Clinton gewählt worden, hätte der Streit angedauert.

Das Gespräch dürfte nur 20 bis maximal 45 Minuten dauern. Anschließend will sich Franziskus auf die traditionell am Mittwoch stattfindende Generalaudienz auf dem Petersplatz vorbereiten. Weil der Papst zur Bedingung gemacht hat, dass die Pilger beim Zugang dazu nicht behindert werden, muss die US-Delegation durch einen Seitengang in den Kirchenstaat gelangen. (Dominik Straub aus Rom, 24.5.2017)