Jeremy Corbyns Partei holt in den Umfragen auf.

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Mit einem Frontalangriff auf die Sicherheitspolitik der konservativen Regierung hat Jeremy Corbyn am Freitag den britischen Wahlkampf wieder aufgenommen. Sein Land müsse sich stark zeigen gegenüber dem islamistischen Terrorismus, aber auch genau dessen Ursachen analysieren, sagte der Labour-Oppositionsführer in London. Zu Letzteren zählte der Politiker den sogenannten "Krieg gegen den Terror" mitsamt der britischen Beteiligung am Irakkrieg und am Sturz des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi.

Am Ausgang der Arena-Konzerthalle seiner Heimatstadt Manchester hatte der Attentäter Salman Abedi am Montagabend 22 Menschen mit in den Tod gerissen. In Absprache mit Premierministerin Theresa May hatte Corbyn wenige Stunden nach dem Bombenanschlag den Wahlkampf für den Urnengang am 8. Juni bis Freitag unterbrochen.

Von Mays Ministern – die Chefin weilte auf dem G7-Gipfel – musste sich der Oppositionsführer schwere Vorwürfe gefallen lassen. "Er entschuldigt Terrorismus", sagte Verteidigungsminister Michael Fallon. Jihadisten würden "nicht unsere Außenpolitik angreifen, sondern die Werte unserer Gesellschaft", sekundierte der Sicherheitsstaatssekretär Ben Wallace.

Vorsprung der Tories wird kleiner

Die nervöse Reaktion der Konservativen dürfte mit einer Umfrage zusammenhängen, wonach der lange Zeit zweistellige Abstand zwischen Torys (43 Prozent) und Labour (38 Prozent) auf fünf Prozentpunkte geschrumpft ist. Vor dem Anschlag stand May stark unter Druck, weil sie Vorschläge zur Neuordnung der Pflegeversicherung in ihrem Wahlprogramm binnen weniger Tage widerrufen hatte. Die Bluttat selbst bringt die langjährige Innenministerin auch in Schwierigkeiten, wurde unter ihrer Ägide doch das Polizeibudget massiv gekürzt.

Nach kurzer Unterbrechung wegen Leaks an US-Medien kehrte die Kriminalpolizei von Manchester am Freitag zur Praxis zurück, ihre eigenen Erkenntnisse umgehend an US-Geheimdienste weiterzugeben. Ein Großteil des Netzwerks um den Manchester-Attentäter sei mittlerweile in Haft, erklärte die Polizei am Freitag. Am Freitagabend kam es zu einer weiterer, der insgesamt neunen, Verhaftung im Zusammenhang mit dem Attentat. (Sebastian Borger aus London, 26.5.2017)