Dank größerer Flugzeuge sank die Zahl der Starts und Landungen zuletzt. Das Passagieraufkommen in Wien Schwechat legt aber kräftig zu.

Foto: apa/Helmut Fohringer

Wien – Die Diskussionen über eine geplante Verfassungsänderung in Österreich, mit der die Rolle des Wirtschaftsstandorts rechtlich gestärkt werden soll, wirbelt weiter politischen Staub auf.

Anfang der Woche hatten 40 Professoren in einem offenen Brief die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP aufgefordert, das Vorhaben zu überdenken. Durch die geplante Verfassungsänderung entstehe der Eindruck, dass "aktiver Klimaschutz, sobald er nicht mehr bloße Rhetorik ist, sondern zu handfesten und kontroversiellen Entscheidungen führt, infrage gestellt wird", hieß es im Brief.

Wie berichtet sollen Wachstum und Beschäftigung als Staatsziel verankert werden. Eine Verfassungsänderung wurde von SPÖ und ÖVP bereits per Entschließungsantrag parlamentarisch eingebracht. Ende Juni soll das Thema laut Verhandlern im zuständigen Ausschuss im Nationalrat behandelt werden. Anlass für die Novelle ist ja das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), mit dem der Bau der dritten Start- und Landepiste in Schwechat vorerst untersagt wurde.

40 "Pragmatisierte" gefährden tausende Jobs

Mit deutlichen Worten in den Konflikt eingeschaltet hat sich nun auch die Industriellenvereinigung (IV). "Die 40 Unterzeichner (des offenen Briefs) provozieren einen eigentlich überwundenen Konflikt zwischen Arbeitsplätzen und Wirtschaft. Wer ein gleichrangiges öffentliches Interesse an einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort ablehnt, handelt fahrlässig", so der stellvertretende IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren zum STANDARD. Sein Nachsatz: "Jene 30.000 Menschen, die allein durch die dritte Piste einen neuen Job finden würden, können sich bei diesen 40 Pragmatisierten schön bedanken."

Ein Vorwurf, den Sigrid Stagl, eine der Hauptinitiatoren des Protestbriefes, zurückweist. Von den 30.000 zusätzlichen Jobs spreche der Flughafen Wien in seinen PR-Aussendungen erst, seitdem man im gerichtlichen Verfahren unterlegen sei, so Stagl, die an der Wirtschaftsuniversität arbeitet.

Im Übrigen plädiere sie nicht dafür, nichts zu tun. Doch anstelle Geld in den Flughafenausbau zu stecken, solle die "kohlenstoffarme Infrastruktur" gefördert werden. Als Beispiel nennt Stagl den Ausbau der Bahnverbindungen in und um Österreich. Zudem plädiert sie für eine zusätzliche Besteuerung von Energie. Die Erlöse dieser Einnahmen sollten aber 1:1 in die steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit gesteckt werden. Auch dadurch würden zusätzliche Jobs geschaffen werden.

Koren sagt dazu, dass der Ausbau der Bahn und der U-Bahn in Wien ohnehin gefördert werde, das schließe die Errichtung einer dritten Piste, die er wirtschaftlich für notwendig hält, nicht aus.

Die 30.000 zusätzlichen Jobs am Flughafen ergeben sich aus der Annahme, dass durch die dritte Piste und das steigende Passagieraufkommen 10.000 zusätzliche Jobs in Wien Schwechat und 20.000 weitere in ganz Österreich geschaffen werden.

Kritik von den Grünen

Kritik an der Verankerung des Staatszieles Wachstum kam am Freitag von den Grünen. Deren Umweltsprecherin Christiane Brunner warnte vor einer Kehrtwende zurück ins fossile Zeitalter. Die Regierung plane, das bereits verankerte Staatsziel Umweltschutz zu neutralisieren. Brunner kritisierte, dass die Gesetzesänderung stattfindet, während das Verfahren noch läuft. Der Flughafen hatte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes beeinsprucht – nun sind die Höchstgerichte am Zug. Auch unter Juristen wird bemängelt, dass die Regierung das Verfahren nicht abwartet. Zwar dürfte eine Verfassungsänderung im laufenden Verfahren keine Rolle mehr spielen. Doch laut Verfassungsjuristen ergebe sich eine schiefe Optik, wenn der Gesetzgeber vor Entscheid der Höchstgerichte aktiv wird. (András Szigetvari, 27.5.2017)