Kairo – Nach dem Angriff auf einen mit koptischen Christen besetzen Bus hat die ägyptische Luftwaffe am Freitag Ausbildungslager von Jihadisten im benachbarten Bürgerkriegsland Libyen bombardiert. Ziel der Angriffe seien sechs "Terroristencamps" in der Küstenstadt Derna gewesen, meldete das ägyptische Staatsfernsehen. Alle Lager seien zerstört worden, sagte ein Militärsprecher am Samstagnachmittag und sprach von einem Erfolg.

Bei dem Anschlag auf den Bus waren 29 Menschen getötet worden, unter ihnen mehrere Kinder. Eine Gruppe der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hat den Angriff am Samstag über das IS-Sprachrohr Amaq online für sich reklamiert.

"Ägypten wird nicht zögern, Terroristencamps hierzulande oder im Ausland anzugreifen", sagte Präsident Abdel Fattah al-Sisi in einer Fernsehansprache. Die ägyptische Luftwaffe hatte bereits im Februar 2015 Angriffe auf Stellungen der Jihadistenmiliz in Libyen geflogen, nachdem IS-Kämpfer ein Video veröffentlicht hatten, das die Enthauptung von 21 Christen aus Ägypten zeigte.

Ostlibysche Sicherheitskräfte beteiligten sich nach eigenen Angaben an den Luftangriffen. Die ägyptischen Bombardements sollen laut Staatsfernsehen noch weitergehen, ihnen soll auch auch eine Operation am Boden folgen.

Auf dem Weg in ein Kloster

Die christliche Minderheit in Ägypten wird immer wieder Opfer von Gewalt. Der Anschlag am Freitag ereignete sich in der Provinz Minya südlich von Kairo. Die Kopten waren auf dem Weg zu einem Kloster, als ihr Bus von Angreifern mit automatischen Waffen beschossen wurde, wie Provinzgouverneur Essam al-Bedaui im Staatsfernsehen sagte. Die Angreifer konnten fliehen. Die Polizei riegelte die Umgebung mit Kontrollpunkten ab.

Unter den mindestens 29 Todesopfern seien "zahlreiche Kinder", meldete das Staatsfernsehen unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Außerdem seien mehr als 20 Insassen verletzt worden.

Reaktionen auch aus Österreich

US-Präsident Donald Trump verurteilte das Attentat. "Das Blutvergießen der Christen muss ein Ende haben und alle, die ihren Mördern helfen, müssen bestraft werden", erklärte Trump. Der Angriff stärke die Entschlossenheit der USA, gemeinsam mit anderen Staaten der Terrorismus zu bekämpfen.

Papst Franziskus äußerte sich "tief betrübt" über die "barbarische" Gewalttat. Der Anschlag ereignete sich knapp einen Monat nach dem Ägypten-Besuch des Papstes, der in Kairo zur Eintracht zwischen Christen und Muslimen aufgerufen hatte.

In Österreich zeigte sich Kardinal Christoph Schönborn "tief betroffen und entsetzt". Bundespräsident Alexander Van der Bellen bezeichnete den Anschlag in einem Facebook-Eintrag als "verabscheuungswürdig" und drückte den Opfern und ihren Angehörigen sein Mitgefühl aus. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der Ägypten erst am Mittwoch besucht hatte, betonte auf Facebook, dass Österreich und Europa "an der Seite des ägyptischen Volkes und der vom Terror geplagten Kopten" stünden. Der Versuch radikalislamischer Gruppen, das Land zu destabilisieren, "wird keinen Erfolg haben". Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) schrieb auf Twitter: "Werden weiter entschlossen gegen Christenverfolgung weltweit kämpfen und für Religionsfreiheit eintreten".

Attacken häufen sich

In den vergangenen Wochen waren bei mehreren Angriffen auf koptisch-orthodoxe Kirchen dutzende Menschen getötet worden. Anfang April wurden bei Anschlägen in Alexandria sowie in Tanta nördlich von Kairo insgesamt 45 Menschen getötet. Zu der Tat bekannte sich auch damals der IS. Staatschef al-Sisi rief daraufhin einen dreimonatigen Ausnahmezustand aus.

Zuvor hatte sich im Dezember 2016 ein Selbstmordattentäter während einer Sonntagsmesse in der koptischen Kirche St. Peter und Paul in Kairo in die Luft gesprengt. 29 Menschen wurden getötet und dutzende weitere verletzt. Auch diesen Anschlag reklamierte der IS für sich. Im Februar rief die Jihadistenmiliz in einem Video zu Gewalt gegen Kopten auf, hunderte Angehörige der Minderheit flohen bereits von der Sinai-Halbinsel.

Die Kopten machen rund zehn Prozent der 92 Millionen Ägypter aus. Jihadistengruppen werfen den Kopten vor, den Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Sommer 2013 unterstützt zu haben. Seitdem wurden nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mehr als 40 koptische Kirchen in Brand gesetzt oder beschädigt. (APA, dpa, red 27.5.2017)