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Trump hatte sich beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen nicht festgelegt, ob er die USA im internationalen Klimaschutzabkommen halten will.

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Gespannte Stimmung vergangene Woche in Taormina.

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Berlin/München – Nach den Konflikten mit US-Präsident Donald Trump auf dem G7-Gipfel hat die deutsche Kanzlerin Angela Merkel die Europäer am Sonntag zu mehr Eigenständigkeit aufgefordert. "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt", sagte Merkel am Sonntag bei einer Wahlkampfrede in München.

Am Montag ließ sie ihren Sprechers Steffen Seibert präzisieren: Auch nach dem G7-Gipfel in Taormina halte man natürlich weiter an engen Beziehungen zu den USA fest. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen seien "ein fester Pfeiler unserer Außenpolitik", sagte der Regierungssprecher in Berlin. Im Interesse der Beziehungen sei es aber auch wichtig, Differenzen deutlich zu benennen.

Bei dem Gipfeltreffen am Wochenende waren vor allem in der Klimapolitik Unterschiede zwischen den anderen G7-Ländern und den USA deutlich geworden. Annäherungen gab es dagegen in der Handelspolitik. Aber auch hier seien nicht alle Differenzen ausgeräumt, sagte Seibert.

Keine gemeinsamen Klimaschutz-Ziele

Am Samstag war im sizilianischen Taormina ein gemeinsames Bekenntnis zu den Pariser Klimaschutzzielen am Widerstand Trumps gescheitert. Daraufhin wurden erstmals in einer Erklärung der Staatengruppe grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA einerseits und Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Kanada andererseits festgehalten. Einigen konnten sich die G7 in Fragen des Welthandels und der Terrorbekämpfung.

"Wir müssen selber für unsere Zukunft kämpfen – als Europäer, für unser Schicksal", sagte Merkel unter dem Applaus ihrer mehr als 2.000 Zuhörer in einem Bierzelt. Bereits am Samstag hatte sie auf dem G7-Gipfel eine "sehr unzufriedenstellende" Diskussion mit der US-Regierung beklagt, weil keine Einigung über die Klimapolitik gelang. Nun betonte sie aber auch, die Freundschaft mit den USA und Großbritannien sowie eine gute Nachbarschaft mit weiteren Staaten wie Russland seien wichtig.

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Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks warnte vor einem Sonderweg der USA. Ähnlich äußerte sich der deutsche Agrarminister Christian Schmidt: "Es erfüllt mich mit großer Sorge, wenn die Weltklimapolitik durch innenpolitische Fehlinterpretationen in den USA gefährdet wird." Man müsse die "kluge Politik" mit allen Partnern fortsetzen.

Entscheidung über Klima-Abkommen

Trump erklärte in Taormina, er brauche mehr Zeit, um das Pariser Klimaabkommen zu bewerten. Mit den Vereinbarungen soll die Erderwärmung auf maximal zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt und der Ausstoß von Treibhausgasen verringert werden soll. Trump, der den Klimawandel als nicht erwiesen bezeichnet hat, kündigte eine Entscheidung in den kommenden Tagen an. Das Internetmagazin "Axios" berichtete jedoch, er habe unter anderem gegenüber dem Chef der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, angedeutet, das Abkommen abzulehnen.

Die sechs anderen G7-Staaten setzen auf ein Einlenken des US-Präsidenten. In deutschen Regierungskreisen hieß es bereits vor dem Gipfel, dass dies spätestens bis zum G20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg erfolgen müsse. Der französische Präsident Emmanuel Macron zeigte sich überzeugt, dass Trump die Brisanz verstanden habe. Immerhin habe sich die US-Regierung vor wenigen Wochen noch klar gegen das Abkommen ausgesprochen. Er sei sicher, dass Trump pragmatisch sei, sagte Macron nach dem G7-Treffen. Die deutsche Umweltministerin Hendricks sagte der "Welt am Sonntag", der Rest der Welt werde "klar auf Zukunftskurs bleiben".

Ablehnung von Protektionismus

Beim Thema Welthandel wurde zwar eine gemeinsame Haltung aller G7-Länder gefunden, aber auch das gelang erst nach deutlichen Kontroversen mit der US-Regierung. Im Kommunique wird bekräftigt, die Märkte offen zu halten und Protektionismus zu bekämpfen. Die Staaten stellten sich jedoch gegen unfaire Handelspraktiken. Trump hatte etwa Mexiko und China mit Strafzöllen gedroht und Deutschland und Japan wegen der Handelsüberschüsse kritisiert. Ein europäischer Diplomat sagte über die Verhandlungen mit den Amerikanern: "Am Ende haben wir die überzeugt, den Kampf gegen den Protektionismus in die Abschlusserklärung aufzunehmen."

Als Pluspunkt aus Sicht der Europäer wurde auch das Bekenntnis Trumps zur Welthandelsorganisation verbucht. Weitgehend einig waren sich die G7, dass man sich gegen die chinesische Stahl-Überproduktion wehren müsse. "Insgesamt war die Einschätzung, dass sich die Weltwirtschaft einigermaßen vernünftig entwickelt", sagte Merkel. Die Kanzlerin hatte in einem bilateralen Gespräch mit Trump Kritik am deutschen Exportüberschuss zurückgewiesen. Nun soll eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema eingesetzt werden.

Einig waren sich die Länder, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu verstärken. Die G7 appellierten an Internetanbieter und Betreiber sozialer Netze, konsequenter gegen terroristische Inhalte vorzugehen, ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken. Zudem soll der Informationsaustausch zwischen den G7-Staaten verstärkt und die Finanzierung von extremistischen Organisationen austrocknet werden.

Die Differenzen zwischen der US-Regierung und den westlichen Partnern waren auch auf dem Nato-Gipfel in Brüssel deutlich geworden. Dabei kritisierte Trump erneut, dass die meisten Nato-Partner zu wenig Geld für die Verteidigung ausgäben. (Reuters, 28.5.2017)

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