Sexismus hat kein Parteibuch. Wer Sexismus tatsächlich ernst nimmt, kann bei entsprechenden Vorfällen nicht nach Belieben unterscheiden, ob dieser Sexismus nun von genehmer oder nicht genehmer Neigungsgruppe der Politik kommt. Tut man das dennoch, muss man sich zu Recht die Frage gefallen lassen, ob je nach Ausrutscher erst nachträglich entschieden wird, was inakzeptabel ist und was nicht.

Auch wenn die politische Gegenspielerin von einem noch so zutiefst unpassend und unsympathisch empfunden wird, hat das eigene Sexualverhalten dennoch wenig mit ihrer Qualifikation zu tun. Der Penis und dessen zwischengeschlechtlicher Einsatz ist weder Windhose noch passender Gradmesser, um politische Strömungen und Politikerinnencharakter zu bestimmen.

Dass Götz Schrage offensichtlich ein ansonsten integrer Mensch zu sein scheint, der sich vorbildlich in der Flüchtlingshilfe einsetzt, ändert leider nichts an seiner sexistischen Aussage. Und man nimmt diese sexistischen Aussagen entweder alle ernst oder keine.

Was aber entscheidend ist, ist das angewandte Augenmaß. Schrages Entgleisung war inakzeptabel, die Entschuldigung war flapsig und entbehrlich, das Ansin- nen seiner Parteikollegen, ihn daraufhin auszuschließen, ist jedoch dennoch übertrieben. Eine kulantere und sinnvollere Lösung muss doch für beide Seiten machbar sein, im Sinne des großen Ganzen. (Julya Rabinowich, 28.5.2017)