Einzig die Flüchtlingskrise bremste zuletzt den Aufschwung des Tourismus – nun hoffen betroffene Regionen wie die Insel Lesbos heuer auf Besserung.

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Es gibt Branchen in diesem Land der Dauerkrise, die schwer zu vermarkten sind. Diese gehört garantiert nicht dazu. Jossif Parsalis, Manager von Marketing Greece, dem zentralen Verein zur Förderung des Tourismus in Griechenland, tut sich leicht. "Wir steuern in Griechenland auf das fünfte Rekordjahr bei den Besucherzahlen zu", sagt er, "das ist angesichts der starken früheren Jahre außergewöhnlich positiv". Trotz Schuldenkrise und Flüchtlingsproblemen zieht Griechenland immer nur mehr Urlauber an.

27,8 Millionen Touristen waren es im vergangenen Jahr, wenigstens eine halbe Million mehr sollen es dieses Jahr sein. Griechenland arbeitet sich der Marke von 30 Millionen entgegen. Selbst im Drama-Jahr 2015, als Alexis Tsipras und seine linksgerichtete Partei die Regierung übernahmen und im Sommer vorübergehend die Banken schließen mussten, haben die Besucherzahlen um sieben Prozent zugelegt.

23 Prozent mehr Buchung

Der deutsche Marktführer Tui gab dieser Tage 23 Prozent mehr Buchungen für Griechenland an. Kreta ist unter den beliebtesten Zielen der Deutschen und Österreicher, der Westteil des Peloponnes und die Ressorthotels in Chalkidiki, vor allem aber auch Kos. Die Insel in der Ostägäis, die nahe der türkischen Küste und dem Jetset-Urlauberort Bodrum liegt, musste 2015 und 2016 starke Einbußen hinnehmen.

Viele Pauschaltouristen mochten das Flüchtlingselend nicht mit ansehen. Die Zahl der Flüchtlinge auf Kos hat sich seit dem Abkommen zwischen der EU und der Türkei bei etwa 2400 stabilisiert. Der Bürgermeister der Insel drängte auf ihre Internierung – der Touristen wegen. Jetzt sieht man sie man nicht mehr.

Hoffen auf bessere Saison

Die Berlinerin Sabine König, die auf Nisiros, einer kleinen Nachbarinsel von Kos, ein Hotel mit ihrem Mann Toni betreibt, sieht die schlechte Presse über die Flüchtlinge auch als den entscheidenden Grund für das mäßige Geschäft. Urlauber seien ausgeblieben, die Saison auf der Vulkaninsel mit einem Mal auch kürzer geworden. Erst ab Mitte Juni kämen Urlauber, die sich einquartieren, sagt König: "Wir hoffen dieses Jahr auf eine bessere Saison."

Ähnliche Töne hört man auf Lesbos oder Chios, wo sich große Flüchtlingslager befinden. Als sie noch Geld hatten, besuchten vor allem griechische Urlauber gern die Inseln in der Ostägäis. Zuletzt sind aber türkische Touristen zu einem wichtigen Faktor geworden. Für sie gelten auf den griechischen Inseln vor der türkischen Küste Visaerleichterungen. Die EU-Kommission wollte die Sonderregelung nun auslaufen lassen, wurde im April aber von der griechischen Regierung umgestimmt.

Die Tourismusindustrie erwirtschaftet mittlerweile fast 19 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts. 423.000 Jobs hingen im vergangenen Jahr direkt vom Tourismus ab. Bei einer Arbeitslosenquote von 23 Prozent und einer mehr als doppelt so hohen Jugendarbeitslosigkeit sind diese Saisonjobs in Hotels, Restaurants und Geschäften enorm wichtig für das Land. Griechenland profitiert zudem derzeit vom Einbruch des Tourismus in der Türkei, in Ägypten und Tunesien, auch wenn Tourismusexperten betonen, die Urlauberklientel sei verschieden. In Griechenland sind die Deutschen mit rund zehn Prozent die größte Gruppe, gefolgt von Briten und Franzosen. (Markus Bernath aus Athen, 29.5.2017)