Donald Trump hatte angekündigt, sich in dieser Woche zu entscheiden, ob er das Pariser Abkommen unterstützt oder nicht.

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Es begann am frühen Mittwochmorgen mit einer Eilmeldung von Axios, einer aufstrebenden Onlineplattform, an deren Seriosität kaum jemand in Washington zweifelt: Donald Trump habe beschlossen, sich aus dem Pariser Klimavertrag zurückzuziehen. Die Entscheidung sei gefallen, das wisse man von zwei unmittelbar Beteiligten. An den Details des Ausstiegs arbeite ein kleines Team, zu dem auch Scott Pruitt gehöre, der Direktor der Umweltbehörde EPA. Es gehe nur noch um die Frage, ob man eine Art offizielles Scheidungsverfahren einleite, was drei Jahre dauern könne, oder sofort die Reißleine ziehe.

Trump wollte es zunächst nicht bestätigen: Via Twitter vermittelte er den Anschein, als ringe er noch immer mit sich, wie als König der Reality-Show The Apprentice, der zwischen mehreren Kandidaten die Qual der Wahl hat. Er werde seinen Entschluss "in den nächsten Tagen" bekanntgeben, schrieb er kurz nach 9 Uhr Ortszeit, bevor er sich an den Schreibtisch im Oval Office setzte. Und dazu, in Großbuchstaben: "MAKE AMERICA GREAT AGAIN!"

Falls denn stimmt, was Axios meldet, wäre es ein Sieg für die Hardliner im Weißen Haus. Es wäre ein nicht unbedingt zu erwartender Triumph für die Fraktion populistischer Nationalisten um Steve Bannon, auch wenn mancher zuletzt den Eindruck hatte, als schwinde der Einfluss des Predigers von "America First".

Mit einem Verblieb im Pariser Klima-klub, hatte Trumps Ideologiestratege argumentiert, binde sich das Land nur die Hände, wenn es – wie bereits geschehen – energiepolitisch den Schalter umlege und strengere Auflagen für Kohlekraftwerke, verfügt unter Barack Obama, wieder kassiere. Zudem, so geht es weiter in Bannons Logik, setze sich die Regierung Trumps dem Risiko kostspieliger Gerichtsverfahren aus, wenn sie de jure an dem Pariser Paragrafenwerk festhalte, de facto aber in eine andere Richtung marschiere. 22 konservative Senatoren hatten dies in einem offenen Brief besonders betont.

Auf der Verliererseite stünden klimapolitisch eher moderate Köpfe wie Außen minister Rex Tillerson oder Gary Cohn, der Chef des Wirtschaftsberatergremiums im Weißen Haus. Beide sollen gegen einen Ausstieg angeredet haben. Er rate schon deshalb davon ab, hatte Tillerson vor Monaten bei Anhörungen im Kongress gesagt, weil die USA ihren Platz am Verhandlungstisch behalten müssten, wollten sie nicht jeglichen Einfluss auf die internationale Klimaschutz-Agenda verlieren.

Tochter Ivanka Trump sieht es ähnlich. Sie ging sogar so weit, Al Gore ins Trump-Hochhaus in Manhattan zu lotsen, den ehemaligen Vizepräsidenten, der vor Jahren für einen aufrüttelnden Umweltfilm den Oscar bekommen hat. Schließlich zählt auch Ivankas Mann Jared Kushner zu den Verlierern der internen Debatte, ein früherer Bauunternehmer, von dem es bisweilen hieß, er sei der einflussreichste Berater an der Pennsylvania Avenue Nr. 1600.

Zweifel oder Inszenierung?

Ob Trump tatsächlich hin- und herschwankte oder die Entscheidungsfindung nur so inszenierte, als falle sie ihm außerordentlich schwer, kann kein Außenstehender wissen. Noch vor wenigen Tagen schöpften die Moderaten Hoffnung: Im Vatikan überreichte Papst Franziskus dem Gast aus Washington ein Exemplar seiner Umwelt-Enzyklika, worauf Trump anmerkte, er werde sie unbedingt lesen.

Daheim redeten ihm Unternehmens lenker wie Darren Woods ins Gewissen, kein Hightech-Industrieller aus dem Silicon Valley, sondern Chef des Ölgiganten Exxonmobil, der Vorgänger Tillersons auf diesem Posten. Andere schlossen sich Woods’ Argumenten an. Die USA, so der Tenor, seien weltweit der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasen. Sollten sie den Pariser Klub verlassen, einen Klub, in dem mit wenigen Ausnahmen die ganze Welt versammelt sei, bedeute dies, den Weg in die Sackgasse der Isolation einzuschlagen. Zudem könnte es Länder wie China und Indien veranlassen, ihre eigenen Verpflichtungen bald nicht mehr so ernst zu nehmen. (Frank Herrmann aus Washington, 31.5.2017)