Im zarten Alter von drei oder vier Jahren war ich das letzte Mal auf Mallorca, weswegen meine Erinnerungen an die Mittelmeerinsel fast gänzlich verblasst sind. Dieses Mal hatte ich aber die Chance, mit Freunden die Insel zu erkunden, und Mallorca jenseits der Touri-Hotspots Palma und Magaluf fassbar zu machen. Freunde und Bekannte machten mir den "Geheimtipp" so schmackhaft, dass meine Erwartungshaltung im Vorhinein sehr hoch war. Auch wenn das geheime Mallorca eigentlich gar nicht mehr so geheim ist.

Wir kommen am späten Nachmittag auf Malle, wie die Baleareninsel von den Touris so liebevoll genannt wird, an und checken in der Nähe von Llucmajor in unser Hotel ein. Unsere ersten Schritte führen uns in eine kleine Bucht in der Nähe von Sant Elm, nach Cala en Basset, um dort den einbrechenden Sonnenuntergang zu beobachten. Die Bucht liegt direkt gegenüber von Sa Dragonera, der Dracheninsel, einer unbewohnten Insel an deren Spitze ein kleiner Leuchtturm steht. Als wir am Torre de Cala en Basset, einem über 400 Jahre alten Wachturm, ankommen, treffen wir auf einen einsamen Wanderer, der ebenfalls hier den Sonnenaufgang genießt. 

Die Dracheninsel, Sa Dragonera, und der alte Leuchtturm.
Foto: Michael Prügl

Der frühe Vogel schläft noch

Am nächsten Tag steht Es Pontas auf dem Plan, ein Felsentor im Meer nahe der östlich gelegenen Stadt Santanyi. Wir machen einen Zwischenstopp in Campos und erkunden mit unseren Linsen die von Menschen gefüllten, kleinen, engen Gässchen, und die wuselnden Bewohner, die am Markt einkaufen.

Am Felsentor angekommen sind zu unserer Überraschung keine Touristen weit und breit zu finden. Der Blick von der Küste auf das freistehende Felsentor ist bereits für sich beeindruckend und empfehlenswert, mein Freund Philipp hat sich jedoch eigens für den Trip eine Drohne besorgt, um einen Blick aus der Luft auf die felsige Umgebung zu werfen. Technische Schwierigkeiten zwingen uns aber dazu, den mallorquinischen Himmel unentdeckt zu lassen.

Das Felsentor Es Pontas in der Nähe von Santanyi.
Foto: Michael Prügl

Auf zum nächsten Hotel

Der nächste Stop auf unserer Mallorca-Reise ist Arta, ein eher touristisches Städtchen im Nordosten der Insel. Wir haben den Tipp bekommen, dass hier ein nettes Restaurant mit vegetarischen Speisen zu finden ist. Für Mallorca ist das tatsächlich eine Seltenheit. Das erklärt vielleicht auch, warum das Lokal in Arta so schwer aufzufinden und versteckt in einem Hinterhof gelegen ist. Am Weg nach Arta halten wir noch kurz im malerischen Felanitx für einen kurzen Rundgang.

Die Fassaden des Ortes Felanitx wirken wie eine Filmkulisse.
Foto: Michael Prügl

Nachdem wir in Arta nur selten unsere Fotoapparate einsetzen, geht es weiter in den Nordwesten der Baleareninsel, nach Cala Sant Vicenc. Von dort aus wollen wir die nächsten Ortschaften entdecken und auf Fotografien festhalten.

Der erste auserkorene Platz für den perfekten Sonnenuntergang liegt in Port de Soller, rund eine Stunde von unserem Standort entfernt. Wir bevorzugen die Bergstraße, die sich durch die Serra de Tramuntana schlängelt. Es geht rund um den höchsten Berg, den Puig Major, und dieses Mal schaffen wir es sogar, die mittlerweile kalibrierte Drohne zu fliegen. Nachdem wir doch mehr Zeit mit dem Fotografieren des Gebirgszuges und der Bergstraße verbringen, wird die Zeit bis zum Sonnenuntergang immer knapper. Vor allem die von Google Maps empfohlene Route durch Fornalutx und Soller kostet uns massiv Zeit. Als wir etwas gestresst in Port de Soller ankommen und die paar Meter vom Parkhaus Richtung Hafen laufen, haben wir Glück: Die besten Momente des Sonnenuntergangs sind noch nicht vorbei. 

Der Sonnenuntergang in Port de Soller inklusive fliegendem Fisch.
Foto: Michael Prügl

Der frühe Vogel ist aufgestanden

Am nächsten Morgen wollen wir in aller Herrgottsfrühe und nach nur vier Stunden Schlaf zum Cap Formentor aufbrechen. Auf der Bergstraße bis zum Leuchtturm überholen wir einige Radsportler, die schon in den Morgenstunden die wunderschönen Steilkurven in Angriff nehmen. Der Sonnenaufgang entpuppt sich als noch spektakulärer als gedacht und in Begleitung zahlreicher Bergziegen verbringen wir rund eine Stunde damit, mehr oder weniger das immerselbe Foto zu schießen. Währenddessen schaffen wir es sogar, den Sonnenaufgang auch ohne dauerhaftes Kameraklicken zu genießen.  

Sonnenaufgang am Cap Formentor.
Foto: Michael Prügl

Wir fahren zurück ins Hotel, um uns nochmal am eher dürftigen Frühstück zu erfreuen. Immerhin gibt es Kaffee und den haben wir nach dem morgendlichen Abenteuer allesamt bitter nötig. Nach einer Pause am Hotelpool haben wir gleich drei kleine Städtchen auf dem Plan: Valldemossa, Deia und Fornalutx.

Wir starten Richtung Valledemossa, dem südlichsten der Orte. Valldemossa ist vor allem durch den Winter-Aufenthalt Frederic Chopins bekannt, der 1838/39 zwei Monate dort verbrachte. Doch auch abseits der musikalisch-historischen Bedeutung hat das Städtchen einiges zu bieten. Einige Schritte abseits des touristischen Trubels finden wir einen sehr ruhigen Ort vor, der dazu einlädt, durch die Gassen zu schlendern und in einem der kleinen Lokale einzukehren. Exzellente Tapas lassen uns hier die spanische Küche erleben.

Eher zufällig machen wir einen Stopp in San Marroig. Das alte Herrenhaus liegt direkt an der Küste und war in früheren Jahren im Besitz von Ludwig Salvator, seines Zeichens österreichischer Erzherzog. Wir schlendern durch das Anwesen, das gerade für eine bevorstehende Hochzeit vorbereitet wird und erfahren von Ludwig Salavators naturwissenschaftlichen Studien zum Mittelmeerraum und im Speziellen zu den Balearen. In Deia, dem nächsten Ort, verbringen wir wenig Zeit, der Ort liegt direkt an der Durchzugsstraße und macht auf uns keinen allzu spektakulären Eindruck. Nach einem mittlerweile sehr notwendig gewordenen Espresso geht die Reise auch schon wieder weiter, die immer tieferstehende Sonne setzt uns etwas unter Druck.

Die Idylle von Valldemossa ist kaum zu übertreffen.
Foto: Michael Prügl

Zum Sonnenuntergang beziehungsweise zur "Golden Hour" wollen wir auf der Bergstraße Richtung Sa Calobra sein, die für ihre wunderschön gelegenen Serpentinen bekannt ist. Gerade, als sich das Licht goldig verfärbt, gelangen wir zu besagter Straße und starten die Drohne. Wir fliegen hoch über den Serpentinenstraßen, um den perfekten Blick von oben zu bekommen, als wir eine laute Sirene vernehmen.

Kurz denken wir, dass unsere Drohne Schuld am Geheul ist, aber als wir sehen, dass es sich nur um ein Bergrettungsfahrzeug handelt, entspannt sich die Lage wieder, doch den Schock werden wir so schnell nicht vergessen. Als nächstes geht es hinunter an die Küste nach Sa Calobra, das Ziel der Bergstraße. Dort findet man den Torrent des Pareis, einen Sturzbach, der rund zehn Gehminuten entfernt von Sa Calobra ins Meer mündet. Leider ist der Sonnenuntergang sehr bewölkt und die Fotos sind dementsprechend unspektakulär. Wir notieren aber auf jeden Fall den Torrent des Pareis für die nächste Mallorca-Reise, das zu dieser Zeit fast ausgetrocknete Flussbett wirkt wie ein Drehort der "Herr der Ringe"-Reihe.

Für den letzten Tag mieten wir ein kleines Boot, mit dem wir von Port de Pollenca aus Richtung Cap Fermentor zur Cala en Feliu schippern. Nach einer doch sehr nervenaufreibenden Fahrt – das kleine Boot ist für uns Novizen-Seefahrer mit dem leichten Wind und Wellengang etwas überfordernd – ankern wir in der Bucht und genießen einige Stunden in der prallen Sonne.

Auf der Heimreise nach Palma überqueren wir noch die Steilküste in Puigderros, bevor wir auf die Ballermann-Touristen treffen. Highlight ist unumstritten der junge Österreicher, der am Flughafen auf alle Fragen mit einem lauten "Na sicha" antwortet. Man hätte es nicht anders erwartet, unser neuer "Freund" sitzt auch im Flugzeug nach Wien direkt vor uns – zumindest solange, bis ihn die Stewardess fragt, ob er sich nicht zum Rest seiner Truppe ans andere Ende des Flugzeugs setzen möchte. Die Antwort können Sie sich vorstellen. (Michael Prügl, 9.6.2017)  

Weitere Beiträge des Bloggers