In Österreich bisher kaum bekannt: Alexander Labak, der künftig den Glücksspielkonzern Casinos Austria führen wird.

Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Ihre Bestellung in den Vorstand der Casinos Austria AG (Casag) per 1. Juni kam überraschend. In Österreich kennt Sie kaum jemand, weil Sie fast nur im Ausland gearbeitet haben. Was reizt Sie am Glücksspielkonzern so, dass Sie zurückkommen?

Labak: Die Casinos sind ein sehr reputables Unternehmen. Mein inzwischen verstorbener Vater, der Leo Wallner kannte (Casag-Chef bis 2007, 2015 verstorben, Anm.), wäre sehr stolz auf mich. Aber es gibt natürlich einige Themen, die man anschauen muss.

STANDARD: Etwa die Auslandsbeteiligungen der Casag? Sie schrieben 2009 bis 2015 Verluste und erst 2016 einen kleinen Gewinn.

Labak: Ja, sie stehen jetzt wieder besser da, haben aber trotz der Restrukturierung noch nicht ganz die Ertragskraft erreicht, die man sich vorstellt. Wir werden uns da die Strategie von Grund auf noch einmal anschauen. Das zweite Thema sind die Lotterien. Kaiser Franz Joseph hat die Klassenlotterie eingeführt, da muss man ständig versuchen, das zeitgemäß zu halten, und sich vielleicht neue Vertriebsstrukturen und neue Produkte überlegen. Und die Video-Lottery-Terminals (VLT, eine Art digitale einarmige Banditen, Anm.) sind ein Thema, von denen haben wir 700, dürften aber 5000 haben.

STANDARD: Noch-Generaldirektor Karl Stoss ist berühmt für sein Netzwerk, das fehlt Ihnen in Österreich völlig. Brauchen Sie das nicht?

Labak: Ich kenne ja nicht niemanden in Österreich, ich kenne noch recht viele Leute hier. Aber sicherlich, das Netzwerk Karl Stossens ist nicht zu toppen. Fürs Unternehmen ist es wichtig, dass man nah am Kunden ist. Und führen muss man Unternehmen primär mit dem Aufsichtsrat, und in dem der Casag und der Lotterien sind sehr viele bestvernetzte Leute. Ich konzentriere mich jetzt einmal auf meine Arbeit hier, da gibt es genug zu tun.

STANDARD: Was ist eigentlich wichtiger für einen Manager: gute Netzwerke oder Headhunter?

Labak: Beides ist wichtig. Netzwerke sowieso und Headhunter, weil sie den Markt gut kennen und erste Kontakte herstellen.

STANDARD: Ich frage, weil Sie Jiří Smejc vom neuen tschechischen Casag-Aktionär Sazka-Gruppe kennen. Er ist auch Minderheitsaktionär von Home-Credit, wo Sie einst gearbeitet haben.

Labak: Der Headhunter hat den Kontakt hergestellt, Smejc kennt mich beruflich von meiner Arbeit für Home-Credit, dort bin ich 2012 ausgeschieden.

STANDARD: Sie haben noch nie im Glücksspielgeschäft gearbeitet. Was müssen Sie für die Casag lernen?

Labak: Das Glücksspielgeschäft als solches, sein reguliertes Umfeld. Aber meine Vorstandskollegen sind darin sehr gut, wir werden eine gute Kombination sein.

STANDARD: Sie haben für Markenartikler, Banken, Versicherer, Finanzdienstleister gearbeitet. Glauben Sie, dass Manager in jeder Branche reüssieren können?

Labak: Glaube ich nicht. Die Frage ist, ob man Fähigkeiten hat, die für ein Unternehmen relevant sind.

STANDARD: Was können Sie, was die Casag braucht?

Labak: Ich war stark im Risikomanagement tätig, ich kenne mich aus beim Führen in regulierten Märkten, bei Marken und Ausrichtung auf den Konsumenten. Über Marken habe ich auch promoviert ...

STANDARD: ... zu welchem Thema?

Labak: "Markenartikelpolitik von Henkel Austria". Einen Plagiatsverdacht kann es dazu übrigens gar nicht geben, weil zumindest bis damals zu diesem Thema noch gar nichts publiziert war.

STANDARD: Eigentlich sind Sie ein Jobhopper. Sie haben seit Ihrem Start bei Henkel oft das Unternehmen gewechselt.

Labak: Es hat sich so ergeben, dass ich nach Henkel einen Master an der Wharton Business School in den USA gemacht habe – und dadurch bin ich dann auf der internationalen Schiene gelandet.

STANDARD: Genau so gut hätten Sie Präsident werden können. Donald Trump hat auch dort studiert ...

Labak: Ja, viele haben da studiert, ich mit einem Stipendium – aber Präsident könnte ich höchstens in Österreich werden, ich bin ja kein amerikanischer Staatsbürger. War eine gute Zeit an der Wharton, dort wurde viel Neues gelehrt, und zu Ende meines Studiums ist meine Tochter auf die Welt gekommen. War also auch eine ganz effiziente Zeit. (lacht) Und wegen Jobhopper: Ich hab gern Unterschiedliches gemacht, bin aber nie weggerannt von Jobs. Es hat sich halt oft eine interessante neue Aufgabe ergeben, in der ich mich weiterentwickeln konnte.

STANDARD: Ihr schwierigster Job?

Labak: Alle waren herausfordernd. Als ich zum Finanzdienstleister Home-Credit kam, hatte der 3000 Mitarbeiter und das Ergebnis lag in der Nullzone. Als ich sieben Jahre später ging, hatten wir über 50.000 Mitarbeiter und 800 Millionen Euro Reingewinn. Wir waren übrigens die Ersten mit einer Konsumkreditlizenz in China. Da ging es drum, ein dramatisch wachsendes Unternehmen zu steuern. Zur Deutschen Bank war ich mit 39 gekommen, völlig unerfahren im Bankgeschäft – und musste liefern. Bei Johnson & Johnson war ich der erste Nichtamerikaner auf diesem Posten.

StTANDARD: Und was war Ihr bisheriger Lieblingsjob?

Labak: Eigentlich mein erster, bei Henkel. Damals habe ich das erste Mal mein eigenes Geld verdient, ich habe meine Frau geheiratet, es war eine gute Zeit. Ich war fürs Marketing für Produkte wie Pico Bello (Schuhcreme, Anm.) und Blue Star WC-Reiniger zuständig. Aber ich bin durchaus flexibel: Bei Johnson & Johnson war ich für Produkte der Frauenhygiene zuständig.

STANDARD: In welchem Job waren Sie denn am schlechtesten?

Labak: Ich war in keinem Job wirklich schlecht, natürlich lernt man immer dazu. Jetzt bin ich am Höhepunkt meiner Leistungsfähigkeit, weil ich viel Erfahrung habe.

STANDARD: Sie waren lang in den USA. Wie werden Sie mit der österreichischen Art zurechtkommen?

Labak: Was mich persönlich betrifft, bin ich gewohnt, im Team zu arbeiten, und wichtig war mir immer der Spaß an der Arbeit. Nur im Team bringt man etwas weiter, nicht als Einzelkämpfer. Im Team geht es mir darum, dass Leute Ideen bringen und mitarbeiten – und mehr Dampf schadet keinem Unternehmen, auch der Casag nicht und auch Österreich nicht. Sonst dampft die Zukunft an uns vorbei. Obwohl Österreich eine sehr, sehr gute Infrastruktur und intakte Institutionen hat und eine sozial ausgeglichene Gesellschaft. Allerdings muss man schauen, dass die Bürokratie nicht überhandnimmt und die Abgaben hier sind auch sehr hoch. Leider spüre ich auch einen gewissen Reformstau. Grundsätzlich können wir stolz sein auf Österreich – und Wien ist eine herrliche Stadt.

STANDARD: Haben Sie einen Lieblingsplatz hier in Wien?

Labak: Die Wiener Kaffeehäuser.

STANDARD: Noch ganz etwas anderes: Sie malen?

Labak: Nein, aber ich habe mit einem Assistenten gemeinsam rund 30 Kunstwerke produziert, die immer die Ellipse zum Gegenstand haben. Die Ellipse ist interessant, hat eine dynamische Form, während der Kreis in sich ruht. Mit diesen Bildskulpturen versuche ich, gesellschaftliche Themen zu erklären und zu diskutieren. Ein paar davon sind sogar verkauft worden.

STANDARD: Zurück zu Ihrem neuen Geschäft. Spielen kann zur Sucht werden. Stört Sie das gar nicht?

Labak: Das Glücksspiel ist für viele Leute ein Hobby, es macht Ihnen Spaß. Natürlich gibt es Spielsucht, aber im Spielerschutz, beim Thema "Responsible Gaming" ist die Casag weltweit Vorreiter. Bei uns müssen sich die Kunden in den Kasinos, den VLT-Outlets und online registrieren. Wenn sie auf einer ausländischen Plattform, bei irgendeinem wilden Anbieter spielen, will der nur ihr Geld. Durch den konsequenten Einsatz der VLTs kann man die Leute also von illegalen auf die sichere österreichische Plattform holen, und der Staat verliert nicht weiterhin rund 100 Millionen Euro an Steuern durch das illegale Spielen. Der Konsumentenschutz ist die zentrale Basis für unser Geschäft, es darf nicht sein, dass man Schwächen von Leuten ausnützt. Spielen zu verbieten ist aber nicht möglich. Die Leute wollen spielen, und sie spielen auch.

STANDARD: Ihr Vertrag läuft bis 2019. Sie werden länger bleiben?

Labak: Ein Weg entsteht, indem man ihn geht. Schau ma einmal. Wir sind zu dritt im Vorstand, alle unsere Verträge laufen bis 2019.

STANDARD: Dem scheidenden Casag-Chef Stoss steht eine gute Pensionsabsicherung zu. Ihnen auch?

Labak: Nein, ich habe keinerlei Pensionsvereinbarung.

STANDARD: Die Aktionärssituation in der Casag ist ungewiss. 31 Prozent hält der Staat, 17 Prozent Novomatic, 34 Prozent die Tschechen. Deren Einstieg hat die Wettbewerbsbehörde aber noch nicht genehmigt. Stört Sie das nicht?

Labak: Es täte dem Unternehmen gut, sich weniger auf die Eigentümerfrage zu fokussieren, sondern mehr auf Geschäft und Kunden. In den Aufsichtsräten von Casag und Lotterien sitzen exzellente Leute, unsere Eigentümer kann ich mir als Manager nicht aussuchen. Daher ist das Thema nicht relevant.

STANDARD: Also ist es Ihnen auch egal, ob die Republik beteiligt ist?

Labak: Der Staat ist willkommen wie jeder andere Eigentümer.

STANDARD: Spielen Sie selbst gern?

Labak: Ich bin aus Seefeld in Tirol, ins dortige Kasino bin ich gelegentlich mit meiner Frau gegangen. Einen echten Gewinn hatte ich aber nur einmal: Meine Oma hatte in der Klassenlotterie gewonnen und mir davon 4000 Schilling geschenkt. Ab und zu spiele ich in der englischen Lotterie – aber ich gewinne nicht. (Renate Graber, 1.6.2017)