Der Künstler und Vielreisende Karl Katzinger lebt in einem nahezu autarken System in Oberösterreich. Er verzichtet auf jeden Luxus und bietet seinen Besuchern sogar professionelle Sensenmähkurse an.

"In diesem Haus in Harrachstal haben meine Großeltern früher eine Gastwirtschaft betrieben. Im Sommer gab es Gäste aus Wien, ansonsten war es vor allem ein Lokal für Holzarbeiter und Fuhrwerker. Rundherum gibt es riesige Waldbesitze, und die im gräflichen Sägewerk produzierten Bretter wurden von Pferdefuhrwerken zum Bahnhof Freistadt gebracht. Es war eine schweißtreibende Arbeit. Hier konnten die Fuhrleute Karten spielen und Pfeife rauchen. In den Fünfzigerjahren wurde das Gasthaus zugesperrt.

"Am gemauerten Ofen lese ich immer wieder Reiseberichte von Wilfred Thesiger." Karl Katzinger mitsamt Sense in der ehemaligen Gaststube seiner Großeltern in Harrachstal.
Foto: Dietmar Tollerian

Das Haus stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde von meinen Großeltern ausgebaut. Ich wohne hier jetzt seit etwa 35 Jahren. In der ehemaligen Gaststube, die ich nun als Wohn- und Arbeitszimmer nutze, gibt es einen gemauerten Ofen, an den ich mich im Winter anlehne, wenn ich immer wieder die Reiseberichte von Wilfred Thesiger lese. In der Küche befindet sich ein großer gekachelter Tischherd mit zwei Backrohren und einem Wasserschiff. In den früheren Gästezimmern im ersten Stock ist mein Archiv: Tagebücher und Fotografien von Reisen nach Somalia, Jemen, Sudan, Kasachstan, Usbekistan, Aserbaidschan und so weiter. Es gibt alte Fotoapparate, 16-mm-Filmrollen, Super-8-Filme und Kassetten mit Tonaufnah-men von Eisenbahnfahrten in der ehemaligen UdSSR, von U-Bahn-Fahrten in Kiew, Moskau, Paris.

Ich brauche keinen Luxus. Ich brauche nur den Kontakt zu mir selbst. Meine Toilette ist ein kleines Holzhäusl mit einer Komposttoilette unterm Apfelbaum. Damit gelingt es mir, dass pro Jahr 15 m³ Trinkwasser nicht mit Scheiße verseucht werden. Zum Baden verwende ich ein Schaff aus Fichtenholz. Das Wasser bleibt darin eine Stunde warm. Ich bade immer im Freien. Natürlich auch im Winter. Vom Schaff aus beobachte ich den Sternenhimmel. Hin und wieder rauche ich dabei eine kubanische Zigarre aus dem Low-Budget-Segment.

Große Teile der Einrichtung im Haus sind noch original. Ich habe wenig Geld, will aber auch gar nichts großartig verändern. Zum Materiellen habe ich wenig Bezug. Wenn ich etwas brauche, finde ich es irgendwo secondhand. Das einzig Wichtige sind für mich meine Sonnenhüte und meine Reserve-Sensenblätter. Ich mähe meinen 4000 m² großen Garten mit der Sense. Das Gras kompostiere ich und verwende es in meinem Gemüsegarten. Was Obst und Gemüse betrifft, bin ich autark. Ich produziere alles selbst und ernähre mich vegan. Mittlerweile kenne ich mich ganz gut aus. Erst unlängst habe ich ein Symposium zum Thema Subsistenz und Selbstversorgung organisiert. Und im Frühling, Sommer und Herbst biete ich Sensenmähkurse an.

20 Jahre lang habe ich in der früheren Lkw-Garage meines Großvaters Kulturveranstaltungen organisiert – bis ein eifriger Mann Bürgermeister wurde, der meine Garage als Sicherheitsrisiko enttarnte. So mancher Landler-Tanzkurs wurde damals mit großem Polizeieinsatz zu verhindern versucht. Außerdem will er mein Haus an das Kanalnetz anschließen, obwohl darin keine Rohrleitungen vorhanden sind. Das geht so seit zehn Jahren. Der Aktenstoß ist bereits 50 Zentimeter hoch. Das ist mein Haus, das ist mein Besitz. Ich sehe nicht ein, warum mir ein Bürgermeister vorschreiben will, wie ich zu leben habe.

Was meine Zukunft betrifft: Am liebsten würde ich auf einem Fahrrad durch die Welt fahren. Auf Bergstraßen in Albanien etwa, wo die Gewissheit besteht, dass kaum ein Kfz dort herumfährt. Alles, was ich besitze, befindet sich dann auf dem Gepäckträger und in den Fahrradsatteltaschen. Ich würde im Zelt schlafen und könnte ein weiteres Problem lösen: Ich verlege andauernd meine Hausschlüssel. Das wäre dann vorbei." (6.6.2017)