Häufiger Einsatz von Antibiotika: Oft werden auch gesunden Tieren Antibiotika verabreicht.

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Dort, wo häufig Antibiotika eingesetzt werden, steigt das Risiko, resistente Bakterien heranzuzüchten. Durch unkritischen und inflationären Einsatz sind gängige Antibiotika gegen immer weniger Bakterien wirksam. Infektionen werden in Zukunft also schwieriger zu behandeln sein. Aber die Antibiotikaforschung ist für Pharmafirmen nicht lukrativ genug und so werden kaum neue Präparate entwickelt. Auf diesen Zusammenhang weist das unabhängige Arzneimittel-Portal "Gute Pillen – Schlechte Pillen" hin. In ihrer neuen Ausgabe erklären sie, warum sich Resistenzen entwickeln und nennen vier Brennpunkte, bei denen dringend etwas geändert werden müsste.

Hausärzte verordnen häufig Breitbandantibiotika

Die meisten Antibiotika werden von Hausärzten verschrieben. Doch fast jedes dritte Antibiotika-Rezept ist medizinisch nicht angemessen. Schon bei Erkältungen, ausgelöst durch Viren, werden Antibiotika verschrieben, obwohl sie hier machtlos sind. Und so mancher Patient verlangt ausdrücklich ein Antibiotikum, weil er hofft, damit schneller fit zu werden. Auch die Verordnung von sogenannten Breitbandantibiotika etwa bei einer gewöhnlichen Harnwegsinfektion ist eine Schrotschussaktion. Hier wäre der gezielte Einsatz eines passenden Antibiotikums sinnvoller: Breitbandantibiotika sind die letzte Waffe in lebensbedrohlichen Situationen, so Arneimittel-Portal.

"Gute Pillen – Schlechte Pillen" weist auch auf ein weiters Problem hin: Antibiotika werden häufig falsch ausgewählt oder falsch dosiert. Das liegt auch an einem Mangel der ärztlichen Aus- und Fortbildung – und am Einfluss von Pharma-Werbung.

Hoher Antibiotikaverbrauch im Krankenhaus

Krankenhauspatienten sind besonders anfällig für Infektionen. Ein geschwächtes Immunsystem, Katheter und Wunden sind Eintrittspforten für Bakterien. Aber auch im Krankenhaus werden Antibiotika nicht immer sachgerecht verwendet. Das erzeugt unnötig Resistenzen und erschwert die Behandlung. Bei Patienten, die sowieso schon durch Krankheit oder OPs geschwächt sind, haben resistente Keime ein leichtes Spiel. Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen können die Folge sein.

Um das Resistenzproblem in den Griff zu bekommen, empfiehlt "Gute Pillen – Schlechte Pillen", den Antibiotika-Gebrauch drastisch zu senken. So ließe sich das Verordnungsverhalten von Ärztinnen und Ärzten – ob in Klinik oder Praxis – durch intensive unabhängige Fortbildungen verbessern, Pharma-Werbung fände dann kaum noch Beachtung.

Wenn Hygiene auf der Strecke bleibt

Neun von zehn Infektionen mit Krankenhauskeimen erfolgen über das Klinikpersonal. Hier fehlt es an Kontrollen und Schulungen. Oft ist das Personal auch unter Zeitdruck, sodass Hygiene auf der Strecke bleibt.

Die Arzneimittelplattform ist sich sicher: Mit mehr Ärzten und Pflegekräften, Fortbildung und besseren Kontrollen ließen sich die Hygienebedingungen deutlich verbessern. Das sei aber in einem zunehmend profitorientierten Gesundheitssystem kaum zu erreichen.

Besonders drastisch in Agrarindustrie

In der hochtechnisierten Landwirtschaft ist der Antibiotikaverbrauch besonders drastisch: 2014 wurden in Deutschland 1.238 Tonnen Antibiotika verabreicht – oft auch an gesunde Tiere. Das ist fast 1,5 mal mehr als beim Menschen. Und das ist besonders ärgerlich: Häufig erhalten gesunde Tiere Antibiotika, beispielsweise wenn in einem Geflügelbetrieb mit zehntausend Tieren nur einige wenige erkrankt sind. Der hohe Einsatz von Antibiotika fördert wiederum Resistenzen im Stall, die sich auch außerhalb verbreiten können.

"Gute Pillen – Schlechte Pillen" empfiehlt daher, die Antibiotika-Verbrauchsmengen in der Tierhaltung viel genauer als bisher zu erfassen. Und verbesserte Haltungsbedingungen sind unverzichtbar: Je gesünder ein Tier lebt, desto seltener wird es krank, und desto weniger Antibiotika werden verbraucht.

Tipps für den richtigen Umgang mit Antibiotika

  • Falls Ihr Arzt ein Antibiotikum verschreibt: Fragen Sie, ob es eine Alternative gibt.
  • Führen Sie die Antibiotikabehandlung wieverordnet durch.
  • Brechen Sie die Behandlung nicht vorzeitig ab, auch dann nicht, wenn Sie sich wieder besser fühlen.
  • Bewahren Sie Antibiotika nicht zur Selbstbehandlung auf. (red, 6.6.2017)