Darmbakterien stehen unter dem Verdacht, Herz-Kreislauferkrankungen zu verursachen, da sie das für den Menschen gefährliche Stoffwechselprodukt Trimethylamin produzieren. Dazu nutzen sie Nahrungsinhaltsstoffe, die vor allem in Fleisch und Eiern vorkommen. Bisher sind diese Zusammenhänge noch vage, weil wichtige Erkenntnisse über die mikrobiellen Gemeinschaften fehlen.

Ein Forschungsteam des deutschen Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) hat nun eine spezielle funktionelle Diagnosemethode entwickelt, um das Trimethylamin-Bildungs-Potenzial der Darmgemeinschaft zu messen und die speziellen Bakterienarten zu identifizieren. Mithilfe dieser Erkenntnisse könnte das Mikrobiom in ferner Zukunft Angriffsziel von Therapeutika sein. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachjournal Microbiome.

Bakterien fördern Entstehung von Atherosklerose

Darmbakterien sind ein wichtiger Bestandteil der Verdauung und wandeln Nahrung in resorbierbare Stoffe um. Manchmal jedoch kann die Tätigkeit dieser Bakterien dem menschlichen Körper auch schaden. So fördern bestimmte bakterielle Abbauprodukte die Entstehung von Atherosklerose, einem Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt.

Ein Beispiel: in den Lebensmitteln Fleisch und Eier ist eine Substanz namens Cholin hoch konzentriert enthalten. Zusätzlich zu dieser kommt in rotem Fleisch noch Carnitin vor. Beide Moleküle können von Darmbakterien zu der gleichen Substanz Trimethylamin (TMA) verstoffwechselt werden, welches anschließend in der Leber zu Trimethyamin-N-oxid (TMAO) oxidiert wird. Die so entstandene Verbindung fördert die Cholesterolaufnahme in bestimmten Immunzellen, was zu Plaquebildung führt und so an der Entstehung von Arteriosklerose beteiligt ist.

"Bisher gibt es zwar schon umfassende Erkenntnisse über TMA und dessen Einfluss für die menschliche Gesundheit. Es ist aber noch sehr wenig über die Häufigkeit und die spezifische Zusammensetzung der verantwortlichen Mikrobengemeinschaften im Darm bekannt", sagt Marius Vital. Er ist Wissenschafter in der HZI-Arbeitsgruppe "Mikrobielle Interaktionen und Prozesse". "Das ist einerseits mit dem geringen Vorkommen von TMA-Produzenten im Darm aber vor allem mit dem bisherigen Fehlen spezifischer Methoden zur Quantifizierung zu erklären."

Neue Methode soll TMA-Bildung messbar machen

Ziel der HZI-Forscher war es deshalb, eine sensitive Methode zu entwickeln, um das Potenzial der mikrobiellen Darmgemeinschaften zur TMA-Bildung messbar zu machen und neue Einsichten in die detaillierte Zusammensetzung dieser wichtigen funktionalen Gruppe zu gewinnen. Die Forscher analysierten dazu menschliche Stuhlproben von 50 Freiwilligen, die keine gesundheitlichen Ausschlusskriterien hatten. Sie erstellten eine Gendatenbank, für die wichtigsten Schlüsselenzyme des TMA-Syntheseweges basierend auf 70.000 öffentlich zugänglichen Genomen. Daraufhin wurden genspezifische Assays für spezielle Schlüsselenzyme entwickelt. Diese erlauben es, Bakterien anhand ihrer genetischen Fähigkeit, Trimethylamin zu produzieren, zu identifizieren.

Mikrobiologe Viral: "Wir konnten über die molekularbiologische Suche nach den TMA-Schlüsselenzymen ohne Kultivierung Bakterien im Darm quantifizieren, die alle in der Lage sind, Trimethylamin zu produzieren. Durch die Sequenzierung konnten wir erkennen, dass es sich dabei um zum Teil unbekannte Bakterien handelt, die nahe Verwandte der Clostridien sind."

Die neu entwickelte Diagnostik erlaubt es nun, spezifische Risikogruppen aufzudecken und Therapien für gezielte Veränderung der Darmflora zu entwerfen. Denkbar wäre der Einsatz von Pro- und Prebiotika, aber auch Fäkaltransplantationen. "Dabei stehen wir jedoch noch ganz am Anfang und es braucht noch viele Studien, um die genauen Zusammenhänge besser zu verstehen", sagt Vital. (red/idw, 6.6.2017)