Der Flügelhornist Herbert Joos reist auch an, um den Ehrenpreis für sein Lebenswerk in Empfang zu nehmen.

Foto: Jazz im Hof

St. Pölten – Das Flügelhorn ist quasi ein Cello unter den Blechbläsern. Sein sanft-dunkler Ton wirkt besonders im Kosmos von Jazzballaden betörend. Und jene Musiker, die ihre improvisatorische Energie mit leicht melancholischer Tönung zu würzen trachten, sind bei diesem Instrument gut aufgehoben. Der Mann, der anlässlich der Ehrenpreisverleihung für sein Lebenswerk (im Trio mit Pianist Patrick Bebelaar und Saxofonist Frank Kroll) spielen wird, also Herbert Joos, ist ein Meister dieses "Cellos".

Einst hat Joos gar ein Soloalbum mit dem Titel The Philosophy of the Flügelhorn herausgebracht, womit seine besondere Verbundenheit in der Szene aktenkundig wurde. Der 1940 in Karlsruhe Geborene, der auch delikater Grafiker ist, vermittelt in seinem substanzvollen Spiel aber mittlerweile auch reichlich kollektive Jazzerfahrung. Joos hat beim Vienna Art Orchestra große Momente erlebt wie auch beim französischen Orchestre National du Jazz.

Diverseste Stilarten

Joos beherrscht also diverseste Stilarten, ist flexibel. Am selben Abend (16. 8.) wird ein durchaus auch als flexibel zu bezeichnender Kollege, Pianist David Helbock, sein Gastspiel absolvieren – im Trio mit Raphael Preuschl (Bassukulele) und Reinhold Schmölzer (Schlagzeug).

Er pflegt einen unbeschwerten Zugang zur Tradition, integriert in seine Kunst Elektronik und poppiges Repertoire. Seine bisweilen ins Freitonale reichenden Improvisationen lassen den Vorarlberger als echten Zeitgenossen wirken. "Kein Musiker erfindet etwas wirklich von sich aus ganz neu. Jeder nimmt Ideen und gibt seine dazu. Dadurch entsteht im Idealfall Spannendes", so Helbock im Standard-Interview. Die Bebop-Musiker hätten Harmonien "von Broadway-Kompositionen genommen und ihre Melodien darübergelegt. Heutige Jazzmusiker nehmen oft Popsongs als Basis. Aber es ist egal, ob das, was du coverst, seinen Ursprung in Pop, Klassik, Weltmusik oder sonst etwas hat. Es kommt darauf an, was du daraus machst."

Unverkennbarkeit und Präzision

Wichtige historische Figuren? Helbock nennt Thelonious Monk und Hermeto Pascoal. Beide hätten mit ein, zwei Noten ihre Unverkennbarkeit zu demonstrieren vermocht. Unverkennbarkeit und Präzision des Ausdrucks schätzt Helbock. Und die werden wohl auch andere Künstler der Reihe Jazz im Hof im Angebot haben.

Am 17. August hört man Pianist Edouard Ferlet und das Luis Ribeiro Project, am 18. August dann Jean-Louis Matinier (Akkordeon) und Michael Riessler (Bassklarinette) im Duo wie auch das Gavino-Murgia-Mattanza-Trio. Schließlich der 19. August: Da groovt das Trio ELF feat. Matthias Schriefel, und es finalisiert die Reihe die formidable Jazz Big Band Graz. Zu dieser meint einer ihrer Leiter, der Saxofonist Heinrich von Kalnein: "Ich denke, wir haben einen Sound entwickelt, der meilenweit weg ist von einer konventionellen Big-Band-Ästhetik. Elektronik und Popzugang sind uns wichtig, es ist alles großformatig, es soll also großes Kino sein. Die Hörer sollen wie Kinder staunen."

Und dies beim Programm mit dem Titel True Stories, der auch auf die schöne gleichnamige CD der Big Band verweist. (Ljubisa Tosic, 8.6.2017)