Im sechsten Duell klappte es mit dem ersten Sieg gegen die Nummer zwei der Welt und das auf beeindruckende Art und Weise.

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Der "Djoker" fand gegen Thiem kein Rezept, wirkte mit Fortdauer des Spiels zunehmend resigniert und schaffte im dritten Satz kein Game mehr.

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Und so war das Match nach nur 2:15 Stunden gelaufen.

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Paris – Dominic Thiem hat am Mittwoch mit einem beeindruckenden Sieg über Titelverteidiger Novak Djokovic das Halbfinale der French Open erreicht. Der als Nummer sechs gesetzte Niederösterreicher bezwang vor 10.000 Zuschauern den Weltranglisten-Zweiten nach 2:15 Stunden überraschend klar mit 7:6 (5), 6:3, 6:0 und qualifizierte sich damit zum zweiten Mal in Folge für das Halbfinale von Roland Garros. Dort trifft der 23-Jährige am Freitag auf den Spanier Rafael Nadal, der seinen zehnten French-Open-Titel anpeilt.

Thiem hat damit im sechsten Versuch zum ersten Mal auch den zwölffachen Major-Sieger Djokovic und somit alle fünf großen Namen im aktuellen Herren-Tennis geschlagen. Gegen Roger Federer (2 Siege), Rafael Nadal (2), Andy Murray (1) und Stan Wawrinka (1) hatte er davor schon zumindest einmal gewonnen. Zudem war es Djokovics erste Niederlage vor dem Semifinale von Roland Garros seit 2010. Damals hatte Jürgen Melzer nach einem 0:2-Satzrückstand das Match noch gedreht – übrigens auch auf dem Court Suzanne Lenglen, auf dem Thiem am Mittwoch gewann.

Thiem: "Absolute Sensation für mich"

"Das Semifinale ist eine absolute Sensation für mich", sagte Thiem in einer ersten Reaktion zu Eurosport-Reporterin Barbara Schett-Eagle. Es war der größte Sieg in seiner Karriere und der erste über einen absoluten Spitzenspieler bei einem Grand-Slam-Turnier. Vater Wolfgang Thiem freute sich "natürlich riesig". Für ihn war der Dreisatzerfolg aber lediglich "eine solide Leistung". "Wir wissen, was er im Training kann, und es gelingt ihm jetzt immer öfter, das im Match umzusetzen. Das ist absolut noch nicht das, was er kann. Da ist noch Platz nach oben."

Im großen Interviewraum des Stadions Philipp Chatrier sagte Thiem dann Folgendes: "Im Vordergrund war sicher die Freude, dass ich zum zweiten Mal in Folge hier das Semifinale erreicht habe. Ich hätte mich nicht weniger gefreut, wenn es gegen irgendjemand anderen gewesen wäre. Aber es ist ein sehr nettes Nebengeräusch. Er war der letzte absolute Topspieler, den ich noch nicht geschlagen habe, das hat sich heute geändert."

Die Vorentscheidung in diesem über weite Strecken hochklassigen Match fiel im ersten Satz. Nach Break und Rebreak zum 2:1 bzw. 2:2 und einem 16-Minuten-Game zum 3:2 für Djokovic (Thiem vergab einen Breakball) schaffte Djokovic ein neuerliches Break zum 4:2. Doch Thiem schlug zurück, nahm dem Weltranglisten-Zweiten den Aufschlag zum 3:4 ab und glich zum 4:4 aus. Bei 4:5 sah sich Thiem dann bei 15:40 zwei Break- und also auch Satzbällen gegenüber. Thiem wehrte diese ab, und das Match ging nach knapp einer Stunde ins Tiebreak. Thiem nützte seinerseits seinen zweiten Satzball zum 7:5 nach 75 Minuten.

Djokovic: "Er hat verdient gewonnen"

Und er steigerte sich sogar noch. Das bestätigte danach auch der entthronte Titelverteidiger. "Alles wurde im ersten Satz entschieden. Ich habe alles versucht, dann habe ich das Break zu Beginn des zweiten Satzes bekommen", sagte Djokovic, der schnell mit 0:2 in Rückstand geriet. "Er hat dann immer besser serviert. Er hat verdient gewonnen und war definitiv der bessere Spieler auf dem Platz."

In der Folge wurde das Match gar zu einer einseitigen Sache. Thiem hielt den Vorsprung, musste nur im siebenten Game noch einmal einen Breakball abwehren. Nach 1:53 Stunden führte er mit 2:0 Sätzen. Satz drei war dann die perfekte Revanche für das 1:6, 0:6 vor wenigen Wochen im Rom-Semifinale: Thiem holte den dritten Durchgang sogar mit 6:0.

Sandplatzprinz fordert Sandplatzkönig

Im Halbfinale kommt es nun zum Duell des Sandplatzprinzen mit dem Sandplatzkönig. In dieser Form muss sich Thiem selbst vor Rafael Nadal nicht fürchten. Nadal hatte zuvor in seinem Viertelfinale leichtes Spiel gehabt. Nach nur 51 Minuten musste Pablo Carreno Busta beim Stand von 6:2, 2:0 für Nadal wegen einer Bauchmuskelverletzung aufgeben.

Nadal strebt in Paris den noch nie dagewesenen zehnten Sieg beim selben Herren-Grand-Slam-Turnier an. Im Head-to-Head führt Nadal gegen Thiem mit 4:2. Zuletzt hatte Thiem im Viertelfinale von Rom mit einer seiner besten Leistungen überhaupt Nadal mit 6:4, 6:3 bezwungen. "Thiem ist ein schwieriger Gegner. Ich hoffe, dass ich nicht verliere. Ich habe in Barcelona und Madrid gegen ihn gewonnen und in Rom verloren. Wir können jetzt Stunden über Statistiken reden, aber man muss sich auf das nächste Match konzentrieren", erklärte der 14-fache Major-Sieger.

Auf Musters Spuren

Am Freitag muss er wohl eine ähnlich starke Leistung bringen, will er als zweiter Österreicher nach Thomas Muster (Triumph 1995) ins Endspiel eines Grand-Slam-Turniers einziehen. Thiem hat als erst zweiter Österreicher nach Thomas Muster (vier Semifinali) zum zweiten Mal das Halbfinale eines Majors erreicht. Der Weltranglisten-Siebente hat nun bereits 530.000 Euro brutto sowie 720 Zähler für die ATP-Weltrangliste sicher.

Im Match gegen Nadal wird er endlich auf dem größten Court Philippe Chatrier spielen, wo er erst einmal – 2014 ebenfalls gegen Nadal – gespielt hat. Trotz des Siegs in Rom sieht er sich "auf jeden Fall als Außenseiter. Das Match in Rom war sehr gut natürlich, aber ich habe dort ein bisserl über dem Limit gespielt habe und das wird so schnell kein zweites Mal aufgehen", so Thiem.

Der Sieg sorgt auch in den sozialen Medien weltweit für Aufsehen. "A new star is born" war da zu lesen: "Damit kann ich nicht viel anfangen", meinte der bescheidene Thiem lächelnd, der auch gefragt wurde, ob er sich bereit fühle, auch erstmals einen Grand-Slam-Titel zu holen: "Das ist eine harte Frage. Bisher habe ich im Match nach einem Sieg über einen Topspieler immer viel schlechter gespielt. Also ich hoffe, dass ich das verbessern kann."

Djokovic traut ihm den ganz großen Coup zu: "Thiem ist einer der kommenden Stars. Er ist sehr hungrig, dich zu schlagen und seine Hände auf die Trophäe zu legen. Er hat eine wirklich gute Chance." (APA, red, 7.6.2017)

Herren-Halbfinale:

Andy Murray (GBR/1) Stan Wawrinka (SUI/3)
Rafael Nadal (ESP/4) Dominic Thiem (AUT/6)

Damen-Halbfinale:

Timea Bacsinszky (SUI/30) Jelena Ostapenko (LAT)
Karolina Pliskova (CZE/2) Simona Halep (ROU/3)