Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Atomsteuer ist eine äußerst unangenehme Causa für die deutsche Regierung. Denn sie kommt nicht bloß mit einer Gesetzesreparatur davon, wie es so oft der Fall ist, wenn Karlsruhe entscheidet.
Vielmehr wird es diesmal wirklich teuer. Der Bund muss den deutschen Atomkonzernen, wie er schon zähneknirschend eingestand, 6,3 Milliarden Euro plus Zinsen zurückzahlen. Wie hoch die Summe genau ist, ist unklar. Man rechnet noch. Und man braucht in Berlin nicht davon auszugehen, dass die AKW-Betreiber großzügig auch nur auf einen Cent verzichten werden. Sie fühlen sich, seit Kanzlerin Angela Merkel nach Fukushima dann doch überraschend schnell aus der Kernkraft aussteigen wollte, ohnehin wie die Prügelknaben der deutschen Industrie; wirtschaftlich verliefen die vergangenen Jahre schlecht.
Mehrere Milliarden Euro werden also im Haushalt fehlen. Das ist, selbst angesichts sprudelnder Steuereinnahmen in Deutschland, kein Pappenstiel – schon gar nicht in einem Wahljahr, in dem jeder Politiker noch mal zehn Ideen mehr hat, für die er Geld bräuchte.
Besonders peinlich ist das Urteil für Wolfgang Schäuble (CDU), der ja 2010 schon Finanzminister war und mit dieser Atomsteuer den Haushalt sanieren wollte. Seine "schwarze Null" hat er bekommen, aber wie man sieht, war der Preis dafür nicht ganz der richtige. Aber offenbar hat man sich nach Fukushima zu sehr auf den Zeitgeist verlassen, und der besagte: Atomkraft ist pfui, weg damit. Auch die rationale Physikerin Merkel, die zuvor die Sicherheit der deutschen Meiler gepriesen und den rot-grünen Atomausstieg rückgängig gemacht hatte, wollte plötzlich lieber keine Kernkraft mehr in Deutschland.
Die Laufzeit für Kernkraftwerke verkürzte sich wieder, nächtelang verhandelte die Regierung mit den Atombossen. Diese drohten mit Klagen, ließen sie wieder fallen, aber wiesen immer darauf hin: Die Atomsteuer nehmen wir nicht hin – auch nicht, als es 2016 noch einmal um die Entsorgung des Atommülls ging. Vielleicht hätte die Regierung besser darauf achten sollen, ob alle Streitpunkte ausgeräumt sind. Tat sie nicht – und nun kommt die Quittung.
Begleichen muss diese natürlich der Steuerzahler. Trösten kann vielleicht eines: Karlsruhe hat deutlich gesprochen und über den atomaren Anlassfall hinaus erklärt: Liebe Politiker, ihr könnt nicht einfach Fantasiesteuern erfinden. (Birgit Baumann, 7.6.2017)