Bild nicht mehr verfügbar.

Opioide werden in den USA besonders "locker" verschrieben.

Foto: AP

In den USA ist eine massive Diskussion über die Verwendung von Opioiden (Morphin, Fentanyl etc.) ausgebrochen. Vor allem steht in der Kritik, wie "locker" die hoch wirksamen Medikamente dort verschrieben werden.

Dabei dürfe jedoch auch ihr Nutzen für jene Patienten nicht vergessen werden, die darauf angewiesen sind: "Plötzlich dreht sich die Diskussion in den USA nur noch um die 'Opioid-Epidemie' und Todesfälle durch Überdosierungen. Niemand spricht mehr von den Patienten mit schweren chronischen Schmerzen", sagt Tony O'Brien von der Cork University in Irland. Er war der Leiter eines Expertenteams der Europäischen Schmerz-Föderation (EFIC), das um die Jahreswende ein Positionspapier zum richtigen Gebrauch von Opioid-Analgetika verfasst hat.

In den USA sind laut "New England Journal of Medicine" rund zwei Millionen Menschen abhängig von durch Ärzte verschriebenen Opioid-Analgetika. Die Zahl der Menschen, die damit Missbrauch betreibt, soll bei zwölf Millionen liegen. Laut der in Fachkreisen angesehensten Medizinfachzeitschrift der Welt war die massive Bewerbung der Schmerzmittel unter den medizinischen Laien ein wesentlicher Grund für das Entstehen der Probleme ("A pill for every ill").

Österreich: Werbung verboten

Zwischen 1999 und 2009 seien die Umsätze in den USA daraufhin um das Vierfache gestiegen, berichtete das Journal. Eine ähnliche Entwicklung habe die Zahl der Todesfälle durch legal verschriebene und illegal gehandelte Opiate genommen. In Österreich ist jede Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel – also erst recht für Opioide – seit jeher verboten.

"In Österreich werden nicht wenige Opioide verschrieben. Aber der Zugang zu diesen Medikamenten ist schwieriger", sagt Wolfgang Jaksch, Schmerzspezialist am Wiener Wilhelminenspital und bis vor wenigen Tagen Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG). "Die ÖSG hat bereits im Jahr 2015 ein solches Positionspapier veröffentlicht."

"Nur 0,01 Prozent der für Opioid-Schmerzmedikamente gezielt ausgesuchten Schmerzpatienten entwickeln eine Abhängigkeit. Ich habe in jahrzehntelanger Erfahrung mit diesen Arzneimitteln nie eine signifikante Depression der Atmung gesehen", sagt O'Brien. Diese Hemmung des Atemzentrums im Gehirn ist die gefährlichste Folge einer Opioid-Überdosierung. Bei Drogenabhängigen sind die meisten Todesfälle mit Beteiligung von Suchtgift durch Heroin-Überdosierungen in Kombination mit Alkohol und/oder Tranquilizern bedingt.

Amerikanische "Epidemie"

"Die Bevölkerung der USA macht fünf Prozent der Weltbevölkerung aus. Dort werden aber 50 Prozent der Opioide weltweit verbraucht", sagt O'Brien. Die schnelle Verschreibung dieser Arzneimittel gegen Schmerzen jeglicher Ursache hätte die Probleme erzeugt. "Es ist eine amerikanische 'Epidemie'", so O'Brien. Das dürfe nicht zu einer Schlechterstellung von Patienten mit schweren Schmerzzuständen und einer klaren medizinischen Indikation auch für die Verwendung von Opioiden im Rest der Welt führen. Der Zugang zu den wichtigen Arzneimitteln in Europa müsse erhalten bleiben.

"Opioide dürfen nur ein Teil einer multimodalen Schmerztherapie durch dafür ausgebildete Experten sein", betont Jaksch. Doch gerade an Ausbildung für die Ärzte und an spezialisierten Einrichtungen für die Schmerztherapie mangle es in Österreich seit Jahren. Erst vor kurzem habe die Österreichische Ärztekammer die Forderung nach einer geregelten Zusatzausbildung und nach einer nur dadurch erwerbbaren Zusatzbezeichnung für Ärzte abgelehnt. Weiterhin gäbe es keine bindende Umsetzung der von der ÖSG ausgearbeiteten Qualitätskriterien für Einrichtungen zur Behandlung von Schmerzpatienten. (APA, 9.6.2017)