(An einem ovalen Tisch der Listenführer, umgeben von ihm nahestehenden Intellektuellen beiderlei Geschlechts.)

KURZ: Aufgabenstellung für heute: Farbreform. Schwarz ist die Farbe der Totengräber. Wir brauchen Frischeres. Bitte um Vorschläge.

EINS: Hellgrau.

KURZ: Zu wenig radikal. Abgelehnt.

ZWEI: Orange.

KURZ: Desavouiert. Abgelehnt.

DREI: Lila.

KURZ: Schwul und protestantisch. Kommt nicht in Frage.

VIER: Geblümt.

KURZ: Bitte ernst bleiben, Blümel.

VIER: Ich meine psychedelisch.

KURZ: Abgelehnt.

(Pause)

ZWEI: Wirklich sehr schwierig.

DREI: Mir fällt auch nichts mehr ein.

EINS: Dunkelbunt?

KURZ: Hundertwasser. Abgelehnt.

(Lange Pause. Die Köpfe rauchen.)

KURZ: Ihr enttäuscht mich. Natürlich habe ich die Farbwahl längst getroffen, aber ich habe doch gehofft, auch ihr würdet darauf kommen. Die Farbe der Bewegung kann keine andere sein als Türkis.

DREI (schlägt sich mit der flachen Hand gegen die Stirn): Türkis, natürlich!

VIER: Super, ja, Türkis! Nicht Blau, nicht Grün und lässt doch alle Optionen offen!

(Applaus, außer von ZWEI.)

ZWEI: Ich möchte zu bedenken geben, dass Türkis doch auch eine gewisse Gefahr birgt.

KURZ (genervt): Nämlich?

ZWEI: Nun, wir kennen die Leseschwäche der Österreicher, und wenn nach unserem Wahlsieg im Herbst die Schlagzeilen lauten "Türkiser Erdrutsch" oder "Türkise Lawine überrollt Österreich", könnte es dann nicht sein, dass viele sich verlesen und –

KURZ: – mich für Erdogan halten?

ZWEI: Genau.

KURZ: Wo liegt das Problem?

(Vorhang)

(Antonio Fian, 9.6.2017)