Der Countdown läuft. Am 1. Oktober soll Katalonien erneut über die Unabhängigkeit von Spanien abstimmen. Ein unilaterales Referendum "mit allen rechtlichen Garantien", dessen Ergebnis respektiert werden müsse, kündigte Regionalpremier Carles Puigdemont an.

Mit der Ankündigung bringt die abtrünnige, wirtschaftsstarke nordostspanische Region das bisher schwerste Geschütz gegen die Zentralregierung in Madrid seit den Wahlen 2015 in Stellung. Die rechtskonservative Regierung des Partido Popular (PP), die eine Volksbefragung von jeher als "illegal und verfassungswidrig" bezeichnet, verschärft in Grabenkampfmanier ihre Drohgebärden: Sie werde "alles unternehmen, dass es nicht zur Abstimmung kommt", versprach Verteidigungsministerin María Dolores de Cospedal (PP), rechte Hand von Premier Mariano Rajoy. Mit seiner Taktik des Aussitzens hat Rajoy in der Katalonienfrage auch in den Augen der Spanier versagt.

Für einen Dialog auf Augenhöhe scheint es zu spät. Die Weichen sind auf Eskalation gestellt. Mit Strafanzeigen gegen die führenden Politiker hinter dem Referendum ist zu rechnen, was zu deren Amtsenthebung führen wird. Selbiges gilt für Parlamentarier, die für den Volksentscheid stimmen. Dabei ist dieser der einzige Weg. Wenn nötig auch ohne Madrids Segen, sofern internationale Beobachter darüber wachen. Gegner und Befürworter der Abspaltung halten sich in Umfragen die Waage. (Jan Marot, 9.6.2017)