Klaus Luger ohne eigene Liste, aber mit eigener Meinung – auch was die SPÖ-Plakate betrifft.

Foto: Alex Schwarzl

STANDARD: In der SPÖ fliegen derzeit offensichtlich die Fetzen. Zuletzt soll es in der Diskussion über den künftigen Umgang mit der FPÖ sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen sein. Regieren jetzt unter den Genossen die Fäuste?

Luger: Es regiert zum Glück noch der Verstand und das Hirn. Die Frage über eine mögliche Zusammenarbeit mit der FPÖ ist halt eine, die in der Sozialdemokratie sehr intensiv und vor allem durchaus kontroversiell diskutiert wird.

STANDARD: In einer kontroversiellen Diskussion muss man aber dem Gegenüber nicht zwingend an die Wäsche gehen. Ist das Signal nach außen nicht ein verheerendes?

Luger: Ich kann das Geschehen in Wien nicht beurteilen, da ich zum Glück nicht dabei war. Objektiv ist es eine strategische Diskussion, die die SPÖ hier führt. Aber es spielen eben auch, abgesehen von Handgreiflichkeiten, politische Emotionen eine große Rolle.

STANDARD: SPÖ-Chef Christian Kern hat klar gesagt, er möchte bezüglich einer möglichen rot-blauen Koalition eine Mitgliederbefragung. Sind sie da auf Parteilinie?

Luger: Wenn überhaupt, dann ist eine Mitgliederbefragung nur dann sinnvoll, wenn ein Koalitionsvertrag auf dem Tisch liegt. Davon, es vor der Wahl zu machen, halte ich überhaupt nichts. Es geht ja nicht um die abstrakte Frage "FPÖ – ja oder nein", sondern um konkrete Inhalte. Wie und mit wem kann die Sozialdemokratie in welcher Form ihre Ziele umsetzen. Ob nun mit der ÖVP, der FPÖ oder mit wem auch immer. Gibt es einen Koalitionspakt, kann man durchaus die Mitglieder fragen. Was die generelle Frage einer Zusammenarbeit mit der FPÖ betrifft, bin ich für einen völlig entspannten Pragmatismus: Die Wiener sollen sich im Burgenland nicht einmischen, ich mische mich in Wien nicht ein. Und jeder darf selbst entscheiden.

STANDARD: Unter Werner Faymann hat es aber noch die klare Ansage in der SPÖ gegeben: "Sicher nicht mit der FPÖ."

Luger: Das hat sich heute aufgelöst. Nicht aus taktischen und strategischen Überlegungen alleine. Es ändern sich ja auch Parteien und Inhalte. Die FPÖ des Jahres 2017 ist nicht mehr die FPÖ des Jahres 2000. Aber auch nicht jene des Jahres 1970. Ähnliches wird man auch über die Sozialdemokratie sagen können. Und wir sind in einer Demokratie gut beraten, demokratisch legitimierte Parteien nicht auszuschließen.

STANDARD: Was Sie aber noch im Vorjahr gemacht haben. In unserem letzten Interview gab es von Ihnen die klare Ansage: "Rot-Blau auf Bundesebene geht gar nicht."

Luger: Stimmt, es war auch damals für mich schwer vorstellbar.

STANDARD: Was hat Sie zum Umdenken bewogen?

Luger: In den letzten beiden Jahren hat sich innerhalb der FPÖ viel verändert. Die FPÖ bekennt sich inzwischen zur EU, was bekanntlich nicht immer so war. Und die Sozialdemokratie hat nachweislich in Fragen der Zuzugs- und der Sicherheitspolitik Konsequenzen aus den Veränderungen der letzten Jahre gezogen. Viele Inhalte sind heute mit anderen Schnittmengen versehen als in der Vergangenheit. Und das Schlimmste, was die SPÖ machen könnte, wäre eine Ausgrenzungspolitik. Und es gilt zu bedenken: Die SPÖ ist eine Mitgliederpartei, wird aber nicht nur von Mitgliedern gewählt. Und auch denen sind wir verpflichtet – und nicht einer ideologischen Gralslehre.

STANDARD: Möglicherweise hat Ihr Schwenk aber viel banalere Gründe. Eine weitere Zusammenarbeit mit der ÖVP scheint nach der Wahl ausgeschlossen. Soll's also weiter der rote Kanzler sein, kann eine blaue Umarmung nicht schaden.

Luger: Vorsicht. Wenn man versucht, Demokratie tatsächlich als liberale Demokratie zu verstehen, dann schließe ich auch eine weitere Zusammenarbeit mit der ÖVP nicht aus. Ich glaube nur, dass es schwieriger wird. Politik hat mit Menschen zu tun – und es geht um persönliche Ebenen. Und da ist derzeit einiges aus dem Lot. Aber Parteien verändern ihre Führungskader. Und wer weiß, wer tatsächlich nach der Wahl an der Spitze der ÖVP steht.

STANDARD: Für große Aufregung sorgte eine angebliche "Liste Luger". Gab es jemals Gedanken, den Weg als Bürgermeister abseits der SPÖ alleine zu gehen?

Luger: Hat es nicht gegeben. Nicht im Sinne einer eigenen Liste. Aber ich stehe als Bürgermeister auch abseits der Sozialdemokratie für bestimmte Positionen. Und die werde ich auch weiter vertreten.

STANDARD: Nicht wenige Stimmen in der Partei haben damals gesagt: "Lasst ihn ziehen." Kränkt Sie das?

Luger: Die Rufe kamen nur aus dem Eck der Sozialistischen Jugend. Und dort ist man ohnehin gegen alles. Also nein, solch entbehrlichen Zwischenrufe kratzen mich nicht.

STANDARD: Sie haben kritsiert, die SPÖ dürfe nicht nur "den Kapitalismus bejammern" – die rote Landespartei plakatiert aber jetzt groß "Birgit mag keine Scheiß-Jobs". Hat man Sie nicht erhört?

Luger: Grundsätzlich befürworte ich diese Kampagne, die sich am Plan A orientiert. Dieses Sujet geht mir aber deutlich zu weit. So ein Plakat ist schwer entbehrlich. So etwas würde es unter meiner Führung in der Linzer SPÖ nie geben. (Markus Rohrhofer, 10.6.2017)