Lore Sander leitet das Wiener Geschäft Habari. Auch in ihrer Wohnung dominieren Möbel und Handwerk aus Afrika. Aber nichts ist stetig. Da kann es schon passieren, dass der eigene Ehemann das Schlafzimmer suchen muss.

"Unsere wichtigste Mitbewohnerin ist eine Statue vom Volk der Sukuma, das ist die hölzerne Dame hinten an der Wand, und das schon seit mehr als 27 Jahren. Diese Statue ist nichts anderes als eine Wächterin, die auf die Bewohnerinnen und Bewohner aufpasst. Sobald sie ihre Aufgabe gemeistert hat und nicht mehr gebraucht wird, wird sie außer Dienst gestellt, indem man ihr zum Beispiel eine Zehe abhackt. Dann kann der Geist entweichen, und der Fetisch ist wieder leer. Unsere Sukuma ist, wie es scheint, schon in Pension. Heute bin ich es, die sie bewacht.

"Unsere Sukuma ist, wie es scheint, schon in Pension. Heute bin ich es, die sie bewacht." Lore Sander in ihrem Wohnzimmer inmitten von afrikanischen Hockern und Skulpturen.
Foto: Lisi Specht

So wie unsere Sukuma, die wir in Zentraltansania gefunden haben, stammt ein Großteil unserer Artefakte aus Afrika. Mein Mann Werner Pilz und ich sind leidenschaftliche Reisende und Sammler. Sambia, Simbabwe, Kenia, Tansania und Äthiopien haben es uns wirklich angetan. Doch die besondere Spannung, die in unserer Wohnung wie auch in unserem Geschäft Habari zu erleben ist, ergibt sich aus dem Nebeneinander verschiedenster Formensprachen aus Afrika, Asien und Europa. Das Besondere am Reisen sind die Begegnungen mit den Menschen, mit der Natur, mit den Kulturen. 'Alles wirkliche Leben ist Begegnung', hat Martin Buber einmal gesagt. Ich denke, dass sich das auch in den Design- und Kunstobjekten manifestiert.

Fotos: Lisi Specht

Das Möbelstück, das man bei uns am häufigsten findet, ist der Hocker – so wie der dreibeinige, aus Massivholz geschnitzte Jimmy-Chair, auf dem ich gerade sitze und der Adolf Loos und anderen Designern zum Vorbild für ihre Dreibeiner diente. Erstens sitzt man auf diesen Hockern sehr gut und gesund, zweitens finde ich dieses Möbelstück sehr universell, da man es nicht nur zum Sitzen, sondern auch als Tischchen verwenden kann. In bestimmten Teilen Afrikas wird für jedes Neugeborene ein Hocker geschnitzt, damit er oder sie immer einen Platz auf dieser Erde hat. Ich finde diesen Ansatz berührend.

Genug von Afrika geschwärmt. Jetzt soll ich etwas über diese Wohnung sagen, oder? Nun, 1990 sind mein Mann und ich nach Wien gezogen, er aus Linz, ich aus München, und haben diese Mietwohnung im sechsten Bezirk in der Nähe der Mariahilfer Straße gefunden. Die Wohnung hat 98 m² und war damals in einem, wie es hieß, renovierten Zustand. "Renoviert" hieß, dass die Wohnung zwar auf Kategorie A umgebaut wurde, aber überall waren Spuren des Vormieters – samt alten Blümchentapeten!

Fotos: Lisi Specht

Als Erstes haben wir die Parkettböden herrichten und die gesamte Wohnung ausmalen lassen. Am Anfang hat die Wohnung noch nicht wahnsinnig toll ausgesehen, alles war zusammengeschustert und improvisiert, aber mit der Zeit ist die Wohnung durch Umstellen und Verändern zu unserer Wohlfühloase geworden. Ich weiß nicht, wie viele unterschiedliche Zustände diese Wohnung schon erlebt hat! Ein Dutzend wird es schon gewesen sein. Früher habe ich die Wohnung im Jahresrhythmus umgestellt. Das Arbeitszimmer hier, das Wohnzimmer dort, oder doch ganz anders. Eines Tages kommt Werner von einer Dienstreise zurück, schaut sich in der Wohnung um und sagt: 'Du, wo ist denn unser Schlafzimmer heute?'

Fotos: Lisi Specht

Veränderung ist Leben. Und das ist das Schöne an der Zukunft: Man weiß nicht, was sein wird. Kommt der richtige Moment, kommt die richtige Idee. Ich liebe unsere Wohnung durch und durch. Manchmal sitze ich einfach nur da und schaue zum Fenster hinaus. Am Haus vis-à-vis gibt es ein paar wunderschöne Steinköpfe und Figuren über den Fenstern, und ich kann es einfach nicht lassen, Tag für Tag diese Köpfe zu bewundern. Es ist, als würde ich ihnen zuhören, was sie mir zu sagen haben, was sie schon alles erlebt haben." (Wojciech Czaja, 19.6.2017)