Podiumsdiskussion zum Abschluss der Semesterfrage "Gesundheit aus dem Labor: Was können Sie sich vorstellen?" mit Andreas Barner, Judith Rollinger, Michael Wagner und Barbara Prainsack.

Foto: Universität Wien

Barbara Prainsack wechselt ab Oktober 2017 von London nach Wien. (Nachlese: Prainsack im STANDARD-Interview >>>)

Foto: Universität Wien

Andreas Barner bei seinem Impulsreferat

Foto: Universität Wien

"Gesundheit aus dem Labor: Was ist möglich?" war der Titel der dritten "Semesterfrage", die in Kooperation zwischen der Universität Wien und dem STANDARD nach Antworten suchte.

Mit dem Format solle der Öffentlichkeit gezeigt werden, "dass die Universität Wien Fragen in großer Breite stellen und beantworten kann", wie Rektor Heinz W. Engl bei der Abschlussveranstaltung am Dienstagabend erklärte. Diesem Anspruch wurde auch die Podiumsdiskussion im Festsaal der Universität gerecht.

Impulsreferat zwischen Präzision und Wein

Im Impulsvortrag ging Andreas Barner, promovierter Mathematiker und Mediziner sowie ehemaliger CEO des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim, dem "Geheimnis Gesundheit: Zwischen Präzisionsmedizin und Prater" auf den Grund.

Barner referierte, dass die Lebenserwartung in Deutschland und Österreich aufgrund medizinischer Fortschritte und immer präziserer Therapien um zwei bis drei Monate pro Jahr zunehme. "Soft practices" wie Bewegung, Lebensstil und Ernährung seien jedoch auch nicht zu unterschätzen, wenn es darum gehe, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder Demenz zu senken. Die Empfehlung des Mediziners war deshalb: "Im Prater laufen!" 30 Minuten Bewegung, siebenmal die Woche, fördere und erhalte die Gesundheit. Beruhigende Worte fand Barner in Anbetracht des angesagten Umtrunks, indem er drei Achterl Wein pro Tag für "unproblematisch" erklärte.

Barner hielt in seiner Rede auch ein Plädoyer für Grundlagenforschung. Nur die Offenheit, Hypothesen zu formulieren und zu prüfen und Raum für Unerwartetes zu lassen, erlaube neue Erkenntnisse jenseits ausgetretener Pfade.

Die Podiumsdiskussion zur Nachschau.
Universität Wien

Kräuterwissen, Stuhltransplantation und ethische Fragen

Beispiele für spannende Ergebnisse aus der Grundlagenforschung lieferten dann die weiteren Podiumsgäste. Judith Rollinger, Pharmakognostin und stellvertretende Leiterin des Departments für Pharmakognosie der Universität Wien, berichtete, wie sie versucht, heilende Kräfte aus Naturstoffen nutzbar zu machen und altes "Kräuterwissen" mit modernen pharmazeutischen Ansätzen zu verknüpfen. Michael Wagner, Mikrobiologe und Leiter des Departments für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien, erläuterte die Vorteile einer Fäkalientransplantation, mit welcher kranke Menschen in Kapselform oder durch Einläufe den Stuhl von Gesunden bekommen, wodurch Darmerkrankungen geheilt werden können. Der Mikrobiologe Wagner sieht einen dringenden Bedarf nach neuer Forschung und Begeisterung an den Universitäten dafür, um etwa Mittel und Wege gegen die "Resistenz-Pandemie gegen Antibiotika" zu finden.

Barbara Prainsack wechselt von London nach Wien

Barbara Prainsack, die derzeit noch am King's College in London tätig ist und ab Oktober 2017 für eine Professur für vergleichende Politikfeldanalyse an das Institut für Politikwissenschaft an die Universität Wien wechselt, schloss an das Impulsreferat Barners an und hielt fest, dass neben der genetischen Ausstattung auch ein gesunder Lebensstil für das körperliche Wohlbefinden notwendig sei. Sie warnte aber davor, die Menschen für ihre Krankheiten verantwortlich zu machen, sondern man müsste im Rahmen der personalisierten Medizin auch auf die sozialen Determinanten eingehen. Bei der CRISPR/Cas-Methode sieht Prainsack die Politik gefordert, um ethische Grenzen zu ziehen, bevor die Evolution des Menschen beeinflusst wird.

Rückblick auf die Semesterfrage

Gut 30 Wissenschafterinnen, Wissenschafter und Studierende der Universität Wien haben am Projekt mitgewirkt. Auf derStandard.at/Semesterfrage gab es drei Interviews mit Wissenschaftern, die sich mit der Community über ihr jeweiliges Fachthema ausgetauscht haben. Dies führte zu sehr intensiven Diskussionen zu Themen wie Manipulation von Bakterien für medizinische Zwecke oder zur Frage, ob es ein Menschenrecht auf Fleisch gibt, oder auch wie Universitäten und Pharmaindustrie am besten kooperieren können.

Das Video zeigt einen Ausschnitt aus der interdisziplinären Vielfalt an Antworten, die es an der Universität Wien auf die aktuelle Semesterfrage "Gesundheit aus dem Labor – was ist möglich" gab.
Universität Wien

Darüber hinaus erschienen zahlreiche Gastbeiträge, Blogbeiträge, Podcasts und Videos zum Thema im uni:view-Magazin der Universität Wien. Dabei ging es unter anderem um gesunde Ernährung und Superfood, die Notwendigkeit von Primary-Health-Care-Zentren, personalisierte Medizin, die Möglichkeiten und Grenzen der Krebstherapie sowie Chancen und Risiken pränataler Diagnostik.

Nächste Frage: Was ist uns unsere Demokratie wert?

Die nächste Semesterfrage ist bereits geplant. Im Wintersemester 2017/18 werden Wissenschafterinnen und Wissenschafter der Universität Wien auf "Was ist uns Demokratie wert?" antworten. Zur Abschlussveranstaltung haben sich bereits zwei Ex-Bundespräsidenten angesagt: Joachim Gauck, ehemaliger Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, und Heinz Fischer, ehemaliger Bundespräsident der Republik Österreich. (red, 19.6.2017)