Homosexuelle Männer sind vom Blutspenden ausgeschlossen – eine Einschränkung, die diskriminiert. Einige Länder haben die Zulassungsbestimmungen bereits überarbeitet.

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Blutspenden kann Leben retten. Gleichzeitig darf und kann nicht jede Person Blut spenden. Wer sich mit dem Thema befasst, stößt auf zahlreiche Ausschlusskriterien, beispielsweise aufgelistet auf der Website des Roten Kreuzes. Viele davon sind zeitlich befristet und nachvollziehbar – von Allergien und bestimmten Auslandsaufenthalten über Medikamente bis zum Zeckenbiss –, Faktoren, die ein medizinisches Risiko und somit eine Gefahr für die potenziellen Blutspende-Empfängerinnen und -Empfänger bergen. So weit, so nachvollziehbar. Unter die Personen, die permanent vom Blutspenden ausgeschlossen sind, fallen aber auch Männer, die Sex mit Männern hatten. Diese Einschränkung diskriminiert eine Personengruppe allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Es stellt sich die Frage, ob dies gerechtfertigt ist.

Laut österreichischer Blutspende-Verordnung sind Personen dauerhaft ausgeschlossen, auf die "dauerndes Risikoverhalten für eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten" zutrifft. Dies lässt Interpretationsspielraum offen. Der EUGH hat 2015 festgehalten, dass der Ausschluss von der Blutspende für Männer, die sexuelle Beziehungen zu Männern hatten, gerechtfertigt sein kann, wenn feststeht, "dass ein hohes Übertragungsrisiko für schwere Infektionskrankheiten, wie insbesondere HIV, besteht, und dass wirksame Nachweistechniken oder weniger belastende Methoden fehlen, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau der Empfänger sicherzustellen".

Österreich hinkt international hinterher

Fest steht, dass die medizinische Sicherheit beim Blutspenden im Vordergrund stehen muss. Dennoch haben sich medizinische Standards und Möglichkeiten seit Festlegung einiger Ausschlusskategorien verbessert. Aus diesem Grund haben auch Länder wie Italien, Frankreich und die Schweiz ihre Zulassungsbestimmungen überarbeitet und lassen homosexuelle Männer zur Blutspende zu. Dem Restrisiko, dass eine Neuinfektion mancher Krankheiten wie beispielsweise HIV nicht unmittelbar festgestellt werden kann, begegnen manche Länder damit, eine Wartefrist ab dem letzten Geschlechtsverkehr vorzugeben. Die ist mit zwölf Monaten zum Teil sehr streng ausgelegt und hält wiederum viele Menschen vom Blutspenden ab. Diese Praxis ist daher auch noch nicht die beste Lösung.

Persönliches Risikoverhalten statt sexuelle Orientierung

Zielführender wäre es, die Beurteilung, ob jemand Blutspenden darf oder nicht, am persönlichen Risikoverhalten festzumachen und nicht an der sexuellen Orientierung. Schließlich gibt es sowohl bei homo- und bisexuellen als auch heterosexuellen Personen Risikoverhalten. Wichtig sind Safer Sex und verstärkte Aufklärung – nicht zuletzt muss bereits an Schulen im Bereich Sexualpädagogik angesetzt und diese wirklich ernst genommen und umgesetzt werden.

Wie kann man die Hilfsbereitschaft einer Gruppe mit dem Schutz einer anderen Personengruppe vereinen? Zunächst muss man sich vor dem Hintergrund aktueller medizinischer Standards dem Thema und der Diskussion stellen. Hier ist das Gesundheitsministerium gefordert, gemeinsam mit den Blutspendeorganisationen die Kriterien und den Fragenkatalog – also die derzeitige Beurteilung, ob jemand zum Blutspenden geeignet ist – zu überarbeiten. Ziel muss sein, das persönliche Risiko für übertragbare Krankheiten festzustellen. Der Schwerpunkt muss daher auf einem persönlichen Gespräch und Aufklärung liegen.

Letztendlich sollten alle Menschen, die gesundheitlich geeignet sind, die Möglichkeit haben, Blut zu spenden, und nicht durch eine pauschale Stigmatisierung davon abgehalten werden. Homosexuelle Menschen sind leider in vielen Bereichen immer noch nicht rechtlich gleichgestellt. Dass homosexuelle Männer unter bestimmten Kriterien zum Blutspenden zugelassen werden, ist schon längst überfällig. (Julia Herr, 16.6.2017)