Wien – Die Ärztekammer trägt wie erwartet die Einigung in der Koalition auf das Primärversorgungsgesetz nicht mit. In einer Aussendung beklagt Kammerpräsident Artur Wechselberger, dass die Finanzierung keineswegs gesichert sei. Zudem werde der Aufholbedarf in der Primärversorgung mit dem Gesetz nicht wettgemacht. Was die Ärzte selbst betrifft, werden Bürokratie und zu hohe Risiken beklagt.

Immerhin gesteht der scheidende Präsident zu, dass der Gesetzesentwurf im Vergleich zu den ursprünglichen Versionen deutlich verbessert sei. Doch glaubt er, dass es der Politik letztlich nur um die gesetzliche Reglementierung von Strukturen gehe, nicht um den Nutzen und um die Bedürfnisse der im Gesundheitswesen Tätigen oder gar der Patienten.

Wechselberger beharrt auch darauf, dass die kolportierten 200 Millionen Euro für die Primärversorgung keine zusätzlichen Mittel seien. Sie müssten vielmehr aus dem allgemeinen Budget der Sozialversicherungen abgespart werden und seien zudem nicht ausschließlich für die Primärversorgung bestimmt, sondern auch für die Finanzierung anderer Leistungen.

Was die Situation der Ärzte selbst angeht, kritisiert Wechselberger, dass es unmöglich bleibe, Mediziner in den Versorgungszentren anzustellen. Auch die erhoffte unkomplizierte Zusammenarbeit mit nichtärztlichen Gesundheitsberufen ohne besonderen Organisationsaufwand werde durch das Gesetz nicht gewährleistet.

Das am Montag im Nationalrat eingebrachte "Gesundheitsreformumsetzungsgesetz 2017" bildet die gesetzliche Grundlage für Primärversorgungszentren. Diese sollen künftig Erstanlaufstellen in der Gesundheitsversorgung sein und damit die Spitäler entlasten, die Hausärzte aber nicht ersetzen. Ärzte und Vertreter anderer Gesundheitsberufe sollen dort zusammenarbeiten, entweder in Gruppenpraxen bzw. Ambulatorien oder als Netzwerke. Honorarverträge gibt es nur unter Einbindung der Ärztekammer, bei neuen Zentren haben die bestehenden niedergelassenen Ärzte Vorrang bei der Bewerbung. Bis 2021 soll es österreichweit zumindest 75 Primärversorgungseinrichtungen geben. (APA, 20.6.2017)