Graz – Solaranlagen für die Wassererwärmung und Strom aus Photovoltaikanlagen liegt bei Häuslbauern im Trend. Im städtischen Bereich spielt die Nutzung von thermischer und elektrischer Solarenergie bisher jedoch eine untergeordnete Rolle. Systemwissenschafter und Energierechtsexperten der Uni Graz untersuchten, wie sich ein optimaler Einsatz der beiden Energiequellen in Stadtquartieren umsetzen ließe.

Zunehmende Urbanisierung führt dazu, dass Städten eine immer größer werdende Rolle bei der Erreichung von Klimazielen zukommt. Das ziehe mit sich, dass optimale Strategien für eine nachhaltige Energieversorgung entwickelt werden, schilderte der Grazer Systemwissenschafter Alfred Posch. "Städte sind sehr große Energieverbraucher. Gegenwärtig muss Strom und Warmwasser für die Heizung oftmals aufwendig kilometerweit von der Peripherie in die Stadt transportiert werden", erläuterte der Wissenschafter die Problematik.

Mit Unterstützung der Forschungsgesellschaft FFG beleuchtete er in einem interdisziplinären Team an der Universität Graz, inwieweit sich der Einsatz von Sonnenenergie in unterschiedlich gestalteten Stadtquartieren umsetzen, bzw. optimieren lässt. Im Zentrum der Betrachtungen von "URSOLAR" steht der innerstädtische Gründerzeitblock sowie der zeilen- und hofförmige Geschoßbau und seine jeweils unterschiedliche Nutzerzusammensetzung.

Historische Stadtviertel

Eine Herausforderung stelle der Altstadtkern dar. Hier werde die Verwirklichung von Solarenergieanlagen beispielsweise durch Ortsbildschutzvorschriften erschwert. Auch kann es ungünstige Beschattungen geben. Auf den historischen Dächern schwarze Photovoltaik-Module zu montieren, sei gar nicht so einfach, wie Posch anführte. Hier reagiere die Industrie jedoch bereits und werde in naher Zukunft beispielsweise auch rote Panele anbieten.

Einfacher sei die Situation bei neuen Siedlungen am Stadtrand. Hier seien aber immer wieder die Frage der optimalen Ausrichtung der Dachflächen oder aber auch die Statik des Dachstuhls ausschlaggebend, ob ein Solarthermieprojekt auch ökonomisch gesehen sinnvoll ist. Auch sollten Faktoren wie natürliche Beschattung oder die Nutzung von Fassaden als Energiequellenträger in Betracht gezogen werden. "Richtig spannend" werde es in Bereichen von zeilenformigen Geschoßbauten mit gemischter Nutzung durch Wohnungen und Gewerbe, weil sich durch die Nutzer unterschiedliche Verbrauchsprofile ergeben würden.

Unklare Verhältnisse bei Mehrparteienhäusern

Eine wichtiger Faktor für urbane Solarenergieprojekte in Mehrparteienhäusern sei das Elektrizitätswirtschaftsrecht: Durch das Versorgungsmonopol von heimischen Energieunternehmen sei es im derzeit geltenden Gesetz nicht geregelt, inwieweit Mehrparteienhäuser energieautark arbeiten können, wie es in einer Aussendung der Universität Graz hieß. "Es stellen sich die schwierigen Fragen, wer etwa die Rolle des Versorgers einnimmt, oder ob das Haus als eigenes Netz anzusehen ist", erläuterte der Energierechtsexperte Karl Stöger vom Institut für öffentliches Recht und Politikwissenschaft.

Ansatzweise seien diese Punkte in der "Kleinen Öko-Strom-Novelle", die derzeit dem Parlament vorliegt, als eigene Bestimmungen angeführt. Darin gehe es in erster Linie um die Genehmigung von "gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen".

Leitfaden als Ziel

Weiters seien bei Projektierungen miet- und wohnrechtliche Rahmenbedingungen nicht außer Acht zu lassen: Wenn eine Anlage installiert wird, müssen die Kosten von den Hauseigentümern, der Wohnbaugenossenschaft oder auch einem Unternehmen übernommen werden. "Es ist nicht ganz einfach, Mieter zum Tragen von Investitionen zu verpflichten". Das sei meist eine Hemmschwelle und vor allem für die großflächige Nutzung von Photovoltaik-Anlagen ein Problem, wie der Jurist hervorhob. Die Ergebnisse der bisherigen Forschungen sollen in den nächsten Wochen und Monaten zu einem Leitfaden für ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltige und optimierte Solarenergieversorgungs- und -nutzungssysteme zusammengefasst werden, sagte Posch. (APA, 25.6.2017)