Venedig – Alljährlich wird in jeweils einer anderen europäischen Stadt der Erfinderpreis des Europäischen Patentamts verliehen. Die Veranstaltung, die Forscher aus Europa und darüber hinaus versammelt, soll zeigen, welche wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung Innovationen aus Unternehmen, Konzernen und Hochschulen haben – und natürlich auch, wie wichtig der dazugehörige Patentschutz ist.

Der österreichische Biochemiker Oliver Hayden konnte heuer in Venedig gemeinsam mit dem niederländischen Hämatologen Jan van den Boogaart mit neuartigen computerbasierten Bluttests für Malaria den Preis in der Kategorie Industrie für sich entscheiden. Ein Team europäischer Ingenieure rund um den Franzosen Laurent Lestarquit wurde für die Entwicklung der Signaltechnik des europäischen globalen Satellitennavigationssystems Galileo geehrt. Und Günter Hufschmid, Chef eines kleinen deutschen Wachserzeugers Deurex, wurde für die erstaunliche Entdeckung eines Materials ausgezeichnet, das Öl auf besonders effiziente Weise binden kann.

Die Plattform des Erfinderpreises läuft parallel mit einer weiteren Anstrengung auf europäischer Ebene: Seit geraumer Zeit wird an der Etablierung eines europäischen Einheitspatents oder "EU-Patents" gearbeitet. Ein Antrag soll genügen, um in bis zu 26 EU-Ländern Patentschutz zu erhalten. Übersetzungskosten sollen gespart und nationale Validierungen vereinfacht werden. Anträge müssen nur noch in eine der Amtssprachen Deutsch, Französisch oder Englisch übersetzt werden. Diese Sprachregelung ist der Grund, warum Spanien beim Einheitspatent nicht mit an Bord ist. Italien ist nach anfänglichem Rückzug 2015 doch noch dazugestoßen.

13 Ratifizierungen

Die Sprachregelung war auch ein Grund für Verschiebungen beim Start des EU-Patents. Damit die Regelung in Kraft tritt, müssen sie zumindest 13 Länder ratifizieren, darunter die drei großen Patentländer Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Österreich war übrigens – trotz Bedenken im Bereich sogenannter Biopatente – das erste Land, das das Vertragswerk ratifiziert hat.

2016 war es die britische Befragung über ein Ausscheiden aus der EU, das für eine weitere Verschiebung sorgte. "Es ist klar, dass das Referendum die Ratifizierung Großbritanniens verzögert hat, die im Frühling hätte erfolgen sollen", sagt Benoît Batistelli, Präsident des Europäischen Patentamts, im Gespräch mit dem Standard. Nach dem Referendum kam zwar die britische Zusicherung, die Ratifizierung wie geplant umzusetzen, die kürzliche Neuwahl hat den Prozess aber neuerlich gestoppt. "Die neue Regierung hat ihre Intention zur Ratifizierung nun bestärkt. Sie sollte nun in den kommenden Monaten erfolgen", beruhigt Batistelli. Der derzeit geplante Starttermin liegt im ersten Quartal 2018.

Unsichere Zukunft

Wie für viele andere europäische Institutionen birgt der Brexit auch für das Patentamt eine Reihe von Unsicherheiten. Großbritannien will das Einheitspatent ratifizieren, sogar eine Kammer des Europäischen Patentgerichts wird in London angesiedelt – obwohl der EU-Austritt auch ein Ausscheiden aus der Patentregelung bedeuten könnte.

Das Einheitspatent basiert zwar auf EU-Recht, folgt aber den Richtlinien des Europäischen Patentamts, das die Patente verleiht und keine EU-Institution ist. Batistelli sieht zwei mögliche Ergebnisse der Austrittsverhandlungen: Entweder wird Großbritannien spezifische Verbindungen mit der EU erhalten können und am gemeinsamen Markt und auch am Einheitspatent weiter teilnehmen können. Oder das Land wird zu einem Drittland wie jedes andere, was auch das Ausscheiden aus der Patentregelung bedeuten würde. Nach derzeitigem Recht müssen sie die drei großen Länder Frankreich, Deutschland und Großbritannien ratifizieren, damit das EU-Patent in Kraft treten kann. Ein fliegender Wechsel von Großbritannien zum nächstgereihten Italien (das sie schon ratifiziert hat) sei nicht möglich.

Ähnlich ist die Perspektive für ein einheitliches Patentgericht. "Mit dem Gericht wird auch die Kammer in London starten", stellt Batistelli klar. "Wenn Großbritannien die EU ohne Sonderregelungen verlässt, dann müsste diese wahrscheinlich in ein anderes Land verlegt werden, das zum Einheitspatentsystem gehört." Teil der Diskussion ist auch, welche rechtlichen Übereinkünfte überhaupt mit einem Post-Brexit-Großbritannien getroffen werden müssen, um die Voraussetzungen für die Gerichtsbarkeit zu schaffen. Englisch mit seiner globalen Relevanz wird jedenfalls so oder so Amtssprache bleiben, für Spanien werde sich diesbezüglich nichts ändern. (Alois Pumhösel aus Venedig, 24.6.2017)