Flüssige Einschlüsse in Quarzmineralen aus hydrothermalen Störungszonen aus der Erdkruste liefern Hinweise auf die Entstehung des Lebens.

Foto: Stephanie Lohmeier

Duisburg – Wann und vor allem unter welchen Umständen das Leben auf der Erde seinen Anfang nahm, zählt nach wie vor zu den großen wissenschaftlichen Rätseln. Eine These geht davon aus, dass die Grundbausteine sich in einem Urozean zu den ersten Zellen verbunden haben. Möglicherweise aber zündete der Funke des Lebens an Land – oder besser gesagt tief in der Erdkruste.

Dafür hat nun zumindest eine Gruppe deutscher Wissenschafter Indizien in mehrere Milliarden Jahre alten australischen Quarzmineralen aus hydrothermalen Störungszonen gefunden. In ihnen sind flüssige Einschlüsse verborgen, in denen die Produkte der damaligen organisch-chemischen Reaktionen erhalten geblieben sind, wie sie im Fachjournal "Plos One" berichten.

3,5 Milliarden Jahre alte Lebensvorläufer

"Umgangssprachlich könnte man sagen, wir haben so etwas wie Konservendosen mit der Ursuppe des Lebens gefunden.", meint der Physikochemiker Christian Mayer von der Universität Duisburg-Essen (UDE). Sein Forscherteam nimmt an, dass sich schon vor der Bildung der lebensnotwendigen Ausgangsstoffe, wie etwa Eiweiße, Kohlenhydrate oder Lipide, eine organische Chemie mit ersten zellartigen Strukturen entwickelt hat. Sie sind die Vorläufer des Lebens, das den Planeten seit mehr als 3,5 Milliarden Jahren verändert hat.

"Die Vielfalt der organischen Stoffe und der Zustand der winzigen Flüssigkeitseinschlüsse liefern uns wertvolle Informationen über den Prozess in der Erdkruste. Sie wurden während der Kristallbildung eingeschlossen und konserviert, so ähnlich wie wir es von Bernstein kennen", berichtet Ulrich Schreiber, ebenfalls von der UDE. Was sich dort im frühen Erdzeitalter genau abgespielt haben könnte, wollen die Wissenschafter nun anhand der identifizierten Moleküle experimentell erkunden.

Die kontinentale Erdkruste bietet optimale Verhältnisse für die Entstehung einfacher Zellen: Voraussetzung sind tiefreichende tektonische Störungszonen, die bis zum Erdmantel reichen. Von hier aus steigen Wasser, Kohlendioxid und andere Gase auf, die alle erforderlichen Stoffe für die Bildung organisch-chemischer Moleküle enthalten. Chemische Reaktionen finden während des gesamten Aufstiegs in kleinen Kavernen statt.

Überkritisches Kohlendioxid

Von entscheidender Bedeutung ist das Kohlendioxid, das unterhalb einer Tiefe von rund 800 Metern in einem besonderen Zustand vorliegt. Es ist unter den dort herrschenden Druck- und Temperaturverhältnissen überkritisch und wirkt wie ein organisches Lösungsmittel. Außerdem bildet es Grenzflächen zum Wasser aus, die die Entwicklung einer Doppelschicht-Membran ermöglichen – dem wichtigsten Strukturelement der biologischen Zelle.

Neu ist, so Mayer, dass das UDE-Modell den Entstehungsprozess umfassend beschreibt und mehrere Probleme löst: die Molekülherkunft, die Aufkonzentrierung, die Energieversorgung und die Membranbildung. Im Labor ließen sich nach Angaben der Forscher bereits grundlegende Schritte auf dem Weg zu einer Zelle nachweisen: Sei es erste zellähnliche Strukturen oder die Entstehung komplexer Moleküle wie Proteine und Enzyme. (red, 24.6.2017)