Nur 7,4 Prozent der Österreicher können sich vorstellen, für Onlinenachrichten zu zahlen.

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Oxford/Wien – Österreich ist auch beim Konsumieren von Nachrichten anders. Der jährliche Digital News Report des Reuters Institute befragt Bürger in 36 Ländern zu ihrem Nachrichtenkonsum. Für Österreich ergibt sich: Man liebt die gedruckte Tageszeitung, Geld für Online-Nachrichten ist man eher nicht bereit auszugeben. Nur 7,4 Prozent von 2.000 befragten Österreicherinnen und Österreichern können sich vorstellen, dafür einen Obulus zu leisten.

STANDARD-Chefredakteurin und Mitherausgeberin Alexandra Föderl-Schmid fasste die Daten am Donnerstag in Wien bei einer Expertendiskussion zusammen: "Zeitungen spielen in Österreich nach wie vor eine Rolle, die sehr starke Dominanz des ORF ist im deutschsprachigen Raum ungewöhnlich." Die Markenbindung sei größer als in anderen Ländern Europas, das Auffinden von Nachrichten über soziale Netzwerke rückläufig. Das sieht Föderl-Schmid im Zusammenhang mit der hohen Medienkonzentration in Österreich. Nachholbedarf sieht die Chefredakteurin beim Thema Video: "Im Vergleich zu anderen Märkten sind wir in Österreich weit hinter dem Üblichen." Föderl-Schmid sitzt im Board des Reuters Institute for the Study of Journalism in Oxford.

Nachrichtenvermeider werden mehr

"Verstörend" findet Josef Trappel, Medienforscher an der Universität Salzburg, das Studienergebnis, wonach der Anteil der Nachrichtenvermeider mit der Digitalisierung zunehme. In Österreich ist die Universität Salzburg Partner des Reuters Institute. Trappel sieht die Medienpolitik gefordert, aber auch die Medienmacher: "Geben wir diese Gruppe auf, oder wollen wir sie auch ansprechen?", fragte er in die Runde.

Christian Nusser, Chefredakteur von heute.at, plädiert für die positive Mischung: Eine tägliche Hauptaufgabe von "Heute" sei es, "auf jeder Doppelseite das Mischungsverhältnis so zu gestalten, dass ein positiver Grundton bleibt".

Nachrichten besser aufbereiten

"Wir müssen uns mehr auf die Suche nach anderen Nachrichten machen", sagt Föderl-Schmid. "Rausgehen, komplexe Themen besser aufbereiten."

In Vorarlberg sitzen laut Studie die meisten Nutzer von digitalen Nachrichten. Gerold Riedmann, Chefredakteur der "Vorarlberger Nachrichten", plädiert für "mehr Selbstvertrauen". Und: "Rein werbefinanziert kann man keinen Qualitätsjournalismus machen."

Studienleiter Nic Newman sieht Medien generell "in einer Vertrauenskrise". Die Herausgeber hätten "die Verantwortung, unsere angeschlagenen Nachrichten zu reparieren", sagte Newman in Wien.

Vertrauenswürdigkeit

Die Vertrauensfrage beschäftigt auch ORF-Online-Chefredakteur Gerald Heidegger: "Die Vertrauenswürdigkeit einer stabilen Absendeinformation wird immer eine entscheidende Rolle spielen. Wir müssen dort sein, wo unser Publikum ist."

Zum sechsten Mal befragte das Reuters Institute for the Study of Journalism Menschen zu ihrem Nachrichtenkonsum. Die diesjährige Studie, die am Donnerstag beim Treffen des Global Editors Network (GEN) in Wien vorgestellt wurde, liefert Daten zum Medienwandel in 36 Ländern. DER STANDARD unterstützt das Projekt. (red, 23.6.2017)