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Brendan Dassey könnte schon bald aus der Haft entlassen werden.

Foto: AP/ERIC YOUNG

Chicago – Die Hängepartie um einen der Hauptakteure aus der Doku-Serie "Making a Murderer" über Mängel im US-Justizsystem dauert an: Ein Berufungsgericht in Chicago bestätigte am Donnerstag das Urteil der Vorinstanz, wonach Brendan Dassey aufgrund eines zweifelhaften Geständnisses wegen Mordes lebenslänglich in Haft sitzt.

Sollte die Staatsanwaltschaft keinen neuen Prozess anstrengen oder vor das Oberste Gericht ziehen, könnte der heute 27-Jährige bald freikommen. Dassey wurde 2007 schuldig gesprochen, seinem Onkel Steven Avery bei der Ermordung der 25-jährigen Fotografin Teresa Halbach im Jahr 2005 geholfen zu haben. Beide verbüßen eine lebenslange Haftstrafe.

Die Netflix-Dokumentation deckte jedoch eine Reihe von Schlampereien, wenn nicht sogar Manipulationen, bei den Ermittlungen auf. Dies löste eine Debatte darüber aus, ob nicht vor allem Dassey zu Unrecht im Gefängnis sitzt.

Fragwürdiges Geständnis

Die Verurteilung beruhte seinerzeit vor allem auf dem Geständnis des damals 16-Jährigen. Das Geständnis, das Dassey später zurückzog, soll unter fragwürdigen Umständen zustande gekommen sein. Unter anderem soll die Polizei erheblichen Druck auf den geistig zurückgebliebenen Jugendlichen ausgeübt haben.

Im vergangenen August hatte ein Gericht im US-Bundesstaat Wisconsin das Urteil gegen Dassey aufgehoben und seine Haftentlassung unter Auflagen angeordnet. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein.

Widersprüchliche Angaben

Das Berufungsgericht bestätigte nun das Urteil aus der Vorinstanz. Es wies darauf hin, dass Dassey während der Verhöre immer wieder neue und teils widersprüchliche Angaben zu seiner angeblichen Beteiligung an dem Mord gemacht habe. Obwohl er sein Geständnis zum Zeitpunkt des Prozesses bereits widerrufen habe und die Staatsanwaltschaft keine Beweise für seine Verwicklung in den Mord vorgelegt habe, sei er verurteilt worden.

Unklar war am Donnerstag zunächst, wie die Staatsanwaltschaft von Wisconsin weiter vorgehen wird. Der Generalstaatsanwalt lehnte bisher eine Haftentlassung strikt ab.

Der Fall spaltet seit Beginn der Netflix-Serie im Dezember 2015 das Land. Millionen US-Bürger halten Dassey und vor allem seinen Onkel Steven Avery für Halbachs Mörder, ebenso viele halten beide für unschuldig. In einer Petition an das Weiße Haus verlangten sie ihre Begnadigung; dieses erklärte sich jedoch aus juristischen Verfahrensgründen für nicht zuständig. Averys Anwälte streben ebenfalls einen neuen Prozess an. (APA, 23.6.2017)