Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (links) sieht sich mit Blick auf die Mittelmeerroute "eng abgestimmt" mit Kanzler Christian Kern.

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Wien – Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) sieht sich in der Frage der Schließung der Mittelmeerroute "eng abgestimmt" mit seinem Parteichef Bundeskanzler Christian Kern: "Diese Thematik kann man nicht von heute auf morgen lösen", bekräftigte Doskozil am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Der Minister pocht auch auf eine Neugestaltung der Schengen- und Dublin-Regelungen.

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Lehren aus 2015

Man sollte die Lehren aus der Flüchtlingssituation 2015 ziehen, "wo Europa nicht Herr der Lage war, und so etwas darf grundsätzlich nicht mehr passieren", betonte Doskozil zur Debatte über die Mittelmeerroute. Man habe dies auch in Brüssel deponiert, es brauche effektiven Außengrenzschutz, Verfahrenzentren für Asylwerber außerhalb der EU und Rückführungsabkommen. Da sei auf europäischer Ebene noch einiges zu diskutieren.

ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz betont im Disput mit Kanzler Kern um seine Forderung nach Schließung der Mittelmeerroute stets, auf einer Linie mit dem Verteidigungsminister zu sein. Doskozil nahm zwar nicht Kerns Formulierung "Vollholler" in den Mund, fühlt sich dem ÖVP-Chef aber trotzdem nicht näher als seinem eigenen Parteivorsitzenden: "Nein, überhaupt nicht", meinte er auf eine entsprechende Frage, er sei im Gegenteil in dieser Frage "eng abgestimmt" mit Kern, betonte Doskozil. Die Situation an der Mittelmeerroute sei anders als am Westbalkan, eine Schließung werde "nicht von heute auf morgen gehen".

Die geforderten Verfahrenszentren strebe er nicht in instabilen Ländern wie Libyen an, erklärte Doskozil, sondern in stabilen Staaten wie dem Niger. Dort müsse dann ein ordentliches Asyl-Verfahren abgewickelt werden, dann gäbe es eine legale Migration nach Europa – das setze aber voraus, dass es keine illegale Migration geben dürfe. Dies alles werde Geld kosten, erklärte der Minister.

"Denkfehler" Dublin

Einmal mehr bezeichnete Doskozil die Dublin-Regelung als "Denkfehler", das System sei neu zu gestalten. Änderungsbedarf sah er abermals auch beim Schengener Grenzkodex. Angesichts des bevorstehenden Endes der nationalen Grenzkontrollen meinte Doskozil, wenn ein Staat glaube, seine Grenzen schützen zu müssen, solle dies auch möglich sein.

Es könne keine unbegrenzte Zuwanderung geben, man müsse sehen, was ein Land vertrage, verteidigte Doskozil auch die österreichischen Asyl-Obergrenzen. "Ich glaube schon, dass man sich Grenzen geben muss." Natürlich wäre auch er für eine Halbierung der Obergrenze gewesen, wie sie die ÖVP wollte, aber "Halbierung ist ein schönes Schlagwort", wenn niemand wisse, wie man das tatsächlich umsetzen könne, wenn es einen weiteren Ansturm gebe.

Kritik von FPÖ

Die FPÖ wirft Doskozil vor, zu versuchen, die Bevölkerung zu täuschen. Die von Doskozil geforderten "Verfahrenszentren" würden die Migration keinesfalls stoppen, im Ergebnis würden nur aus illegalen Migranten legale Migranten, kritisierte der blaue Vize-Klubchef Walter Rosenkranz. (APA, 25.6.2017)