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Nachbarschaftschaftsproteste gegen die ausufernde Vermietung via Airbnb sind in Barcelona Alltag. Nun soll, wer seine Wohnung zu regulären Preisen anbietet, steuerlich belohnt werden.

Foto: Reuters

Endlich ist Montse Pérez wieder in ihrer hübschen, 30 Quadratmeter kleinen Wohnung in Barcelonas Szeneviertel Barceloneta. Ihr erging es wie vielen Hauseigentümern an touristischen Hotspots im boomenden Markt für Plattformen rund um Ferienwohnungen. Ihr Langzeitmieter bot ihre Wohnung ohne ihr Einverständnis oder gar notwendige Lizenzen kurzerhand für Touristen online auf Airbnb feil.

Um wieder in ihre Wohnung zu gelangen, musste sich Pérez paradoxerweise selbst als Airbnb-Gast einmieten, berichtet die Tageszeitung La Vanguardia. Pérez fühlt sich als Hausbesetzerin und rechtlich schutzlos. Das Schloss ließ sie austauschen, während sie den Mittelsmann ihres Mieters, der ihre Schlüssel haben will, und Gäste, die ihre Wohnung nach ihr gebucht haben, abweisen muss.

Zuungunsten der Eigentümer

Dazu riet ihr Anwalt. Denn sowohl das Mietrecht als auch die Airbnb-Richtlinien sind zuungunsten der Eigentümer formuliert. Beim Bruch einer der Klauseln des Mietvertrags – wie in diesem Fall die Untervermietung – können Monate verstreichen, bis der Mieter gerichtlich zum Auszug gezwungen wird. Seitens der Online-Plattform spricht man freilich "von einem isolierten Einzelfall". Man legte Pérez ans Herz, doch mit dem Airbnb-Anbieter zu einer Übereinkunft zu gelangen.

Selbst bei einer überhöhten Monatsmiete von 950 Euro ist dies für Weitervermieter ein hochrentables Unterfangen. Zur Hochsaison kostet jene Wohnung 200 Euro pro Tag. Monatlich kann man gar 6000 Euro mit der illegalen Untermiete verdienen. Erstmals misstrauisch wurde Pérez übrigens, als ihr Mieter – angeblich ein Finanzberater, der in England arbeitet – Stromrechnungen nicht zahlte. Ihr Anwalt fordert nun die Polizei auf, Ermittlungen anzustellen: Es bestehe der Verdacht, dass es sich bei Pérez' Fall um Teil eines möglicherweise organisierten Ferienwohnungsnetzwerkes handle.

Steuerlich gesehen ergeben sich weitere Probleme. Spaniens Fiskus straft Hausbesitzer für das illegale Vermieten als Ferienwohnung – und nicht deren Mieter, die diese auf jene Plattformen stellen.

Hohe Geldstrafen

Unlängst wurde ein Hauseigentümer in Sarría am Jakobsweg in Galicien zu 30.000 Euro Geldstrafe verdonnert, weil sein Mieter das Haus auf Airbnb weitervermietete. "Die Steuerbehörde ist bei der Suche nach illegalen Ferienwohnungen hochaktiv", betont Ginés Soriano Calvo, Immobilienmakler und Branchenkenner, auf Anfrage des STANDARD. Er erzählt, "dass landesweit bereits eine Fülle an Verfahren von Immobilieneigentümern gegen ihre Mieter aufgrund von Airbnb laufen". Vielfach kritisiert wird die Plattform, da beim Onlinestellen einer Ferienimmobilie kein Nachweis verlangt werde, ob man auch nötige Lizenzen zur Vermietung als Ferienwohnung besitze. Es wird lediglich darauf hingewiesen, "dass man sich an lokale Gesetze zu halten habe".

"Es reicht. Die Aktivitäten von Airbnb bedrohen das Zusammenleben in den Bezirken", echauffiert sich Janet Sanz Cid von Barcelona en Comú ("Gemeinsam für Barcelona"), Barcelonas Stadträtin für Umwelt, Wohnungen und Mobilität. Bereits im Jänner zählte man in der Metropole mehr als 4000 illegale Ferienwohnungen auf der Plattform. Die Mietpreise steigen synchron zum Angebot exponentiell. Laut Sanz sei "Airbnb die einzige Plattform, die nicht mit dem Rathaus kooperiert, um illegale Angebote zu löschen".

Nachbarschaftsproteste sind auf der Tagesordnung. Transparente und Abziehbilder mit der Parole "Touristen raus aus dem Bezirk" sind nicht nur im von der Gentrifizierung stark betroffenen Viertel Raval omnipräsent. Bürgermeisterin Ada Colau, die im November Airbnb mit 600.000 Euro strafte, bietet nun steuerliche Anreize für Vermieter, die Wohnungen zu regulären Preisen anbieten. Doch Branchenkenner bezweifeln, dass die Maßnahme Wirkung zeitigt. (Jan Marot aus Barcelona, 26.6.2017)