Wien – Im Oktober forderte der Nationalrat die Regierung einstimmig auf, im weißrussischen Maly Trostinec ein Mahnmal für die 13.500 in der Nazizeit dort ermordeten Wiener Jüdinnen und Juden zu errichten. Seitdem wird um die Finanzierung gerungen.

So auch in der Stadt Wien, wo am Montag die FPÖ vorhatte, während der Gemeinderatsdebatte über den Rechnungsabschluss am Dienstag einen diesbezüglichen Beschlussantrag einzubringen (er liegt dem STANDARD vor). "Die Bundeshauptstadt sollte sich aus der Verantwortung zur eigenen Geschichte an diesem Denkmal in einer würdigen Art – in ideeller und finanzieller Weise – beteiligen", heißt es darin.

Montagabend zogen dann alle anderen Parteien nach. Auf Initiative der Grünen unterzeichneten Vertreter von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Neos einen gemeinsamen Beschlussantrag: Der Wiener Gemeinderat unterstütze die Resolution des Nationalrats, heißt es darin. Die Frage der Finanzierung kommt in dem Text aber nicht vor.

Rot-weiß-roter Kranz mit Banderole

Vizebürgermeister Johann Gudenus (FPÖ) hatte Maly Trostinec im April besucht. Am dortigen Mahnmal für die weißrussischen Opfer des Nationalsozialismus hatte er einen rot-weiß-roten Kranz samt Banderole mit dem Text "Vizebürgermeister der Stadt Wien Johann Gudenus" niedergelegt. Er sei "kein Klon meines Vaters" (des als Holocaust-Leugners rechtskräftig verurteilten John Gudenus), sagte er einem ihn begleitenden "Kurier"-Journalisten.

Im Büro von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) zeigte man sich über den FPÖ-Vorstoß verwundert. Jahrzehntelang habe sich die FPÖ gegen jegliches Holocaust-Gedenken ausgesprochen. Die Stadt Wien werde das Mahnmal in Maly Trostinec aber nicht bezahlen, hieß es Montagmittag noch: "Wir finanzieren das Mahnmal am Aspangbahnhof, von wo aus die Deportationen ausgingen. Maly Trostinec liegt in einem anderen Land, das ist Sache des Bundes", meinte dort eine Sprecherin.

SPÖ zog nach

Drei Wochen davor jedoch hatte die SPÖ Leopoldstadt einem diesbezüglichen Grünen-Resolutionsantrag der Bezirksvertretung – wie alle anderen im Bezirksparlament vertretenen Parteien – trotzdem zugestimmt, wenn auch erst nach einigem Widerstand: Das Mahn- oder Grabmal solle mit "Unterstützung aus Wien" errichtet werden. Montagabend zogen die Roten dann Wien-weit nach. Über den Allparteien-Resolutionsantrag soll Dienstagabend abgestimmt werden. (Irene Brickner, 26.6.2017)