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Elizabeth Wettlaufer bekannte sich schuldig und wurde nun verurteilt.

Foto: Peter Power/The Canadian Press via AP

Die Mordserie der kanadischen Krankenschwester Elizabeth Wettlaufer begann mit dem Ende ihrer zehnjährigen Ehe. Ihr Ehemann trennte sich von ihr, weil sie im Internet mit einer Frau angebandelt hatte. Das weckte die Dämonen in der kinderlosen Kanadierin aus der Provinz Ontario, die in einer strengreligiösen Familie aufgewachsen war. Die heute 50-jährige Wettlaufer brachte in neun Jahren acht alte Patienten mit einer Überdosis Insulin um. Sie versuchte weitere sechs Senioren mit Insulin zu töten, die jedoch überlebten.

Die Morde an den 75 bis 96 Jahre alten Menschen haben im ganzen Land Entsetzen und Angst ausgelöst. Viele Kanadier verstehen nicht, warum Wettlaufer nicht in den Anfängen gestoppt wurde. Schließlich hatte sie mehreren Personen von ihren kriminellen Taten erzählt. Doch die unternahmen nichts. Vor drei Jahren wurden Probleme mit Wettlaufer auch der Aufsichtsbehörde des Krankenpflegepersonals gemeldet, dem College of Nurses of Ontario.

"Medikamentenfehler"

Elizabeth Wettlaufer war laut Medienberichten gefeuert worden, weil sie in einem Alterspflegeheim das Leben von Patienten durch "Medikamentenfehler" gefährdet hatte.

Das College of Nurses of Ontario stellte Wettlaufer darauf weder unter besondere Aufsicht, noch hob es ihre Berufslizenz auf oder untersagte ihr das Verabreichen von Medikamenten. Die Krankenschwester konnte an anderen Orten ungehindert weiterpraktizieren – und weitermorden.

Hätte sich die Serienmörderin nicht selber im September 2016 in eine Suchtklinik eingeliefert und dort über die Morde gesprochen, wären die Tötungen vielleicht noch jahrelang weitergegangen. Die Suchtklinik informierte indes die Polizei. Wettlaufer, die jahrelang mit Alkohol- und Drogensucht gekämpft hatte, legte im folgenden Monat ein umfassendes Geständnis ab. Anfang Juni plädierte sie auf schuldig für den achtfachen Mord und die sechs Mordversuche. Am Montag wurde sie zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Pfarrer hatte mit ihr gebetet

Medien und Experten verlangen nun eine offizielle Untersuchung der Vorgänge und Unterlassungen. Wettlaufer hatte vor ihrer Verhaftung wiederholt versucht, Hilfe zu bekommen. Sie erzählte der Polizei, dass sie zum Beispiel die Morde einem Pfarrer und seiner Frau gestanden habe. Die hätten aber nur mit ihr gebetet, und der Pfarrer habe gesagt, sie müsse jetzt damit aufhören. Auch den Betreuer einer Suchtberatung weihte Wettlaufer ein, der ebenfalls untätig blieb. Ein Anwalt, den Wettlaufer konsultierte, riet ihr, ihr schreckliches Geheimnis mit ins Grab zu nehmen. Eine junge Kollegin, der sie sich anvertraute, alarmierte die Polizei ebenso wenig.

Wettlaufer erklärte den Ermittlern, dass Probleme im Beruf und in ihrem Privatleben zu Wut und Enttäuschung geführt hätten. Sie kam nicht damit zurecht, bisexuell zu sein, und die Arbeit mit alten Pflegebedürftigen erzeugte viel Stress. Sie beschrieb, wie sich jeweils der angestaute Druck nach einem Mord auflöste: "Und hinterher das Lachen, das eigentlich wie ein Geschnatter aus dem Höllenfeuer war", sagte sie.

Kuchen und Speiseeis

Wettlaufer schien auch aus Schadenfreude zu töten. Einer alten Patientin kaufte sie vorher Kuchen und Speiseeis, bevor sie ihr hilfloses Opfer mit einer Insulinspritze umbrachte. Es gab allerdings Momente der Scham, in denen sie mit dem Morden aufhören wollte. Offenbar hoffte sie immer wieder, dass jemand sie stoppen würde – vergeblich.

Die pflegebedürftigen Patienten waren Wettlaufer ausgeliefert, und niemand griff ein. Es klingt sarkastisch, wenn das College of Nurses of Ontario in seinem jüngsten Jahresbericht behauptet, dass "Sicherheit an der Spitze der Richtlinien steht, die wir setzen und aufrechterhalten". (Bernadette Calonego aus Vancouver, 27.6.2017)