Dick da: Das neue Neusiedler-See-Restaurant in Weiden wurde mit viel Beton und ein wenig Stroh an den Strand gesetzt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Bratl vom Spanferkel kommt in zwei massiven Scheiben samt Schwartel in Vorkriegskaugummiqualität zu Tisch.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wer einmal in der Mole West in Neusiedl am See war, der weiß, was die Fritz-Macher im Sinn hatten, als sie ein neues Großrestaurant am Ufer von Weiden in Angriff nahmen. "Das Fritz" schmiegt sich jedoch um einiges klotziger in den Schilfgürtel, dafür finden die Gäste hier auf zwei Geschoßen Platz, um die Aussicht auf das Freibad, den See und die Bootsanlegestelle zu genießen. Auch sonst sieht es ein bissel danach aus, als hätte hier noch dicker aufgetragen werden sollen als in der eh schon imposanten Großgastro der Nachbargemeinde: Fassadenverkleidung aus Schilf, verglaste Feuerstelle, Vitra-Gestühl auf der Terrasse, dazu Objekte eines Künstlers aus der Region, die einem vom Entrée bis zu den Toiletten immer wieder begegnen.

Die Weidener und ihre Besucher jedenfalls sind in einem Ausmaß begeistert, dass die zahlreichen Servicekräfte mit dem Aufnehmen und, vor allem, dem Servieren nicht nachkommen. Angesichts der mächtigen Speise- und mehr als bemerkenswerten Weinkarte ist das beinahe verständlich. Ob Frühstück (von regionalem Tofu bis zu regionalen Weißwürsteln), Jause (Wachauer mit regionalem Camembert um 9 Euro) oder täglich wechselndes Mittagsmenü (drei Gänge um 11,90 Euro), ob Kalbsbeuschel, Schwammerlcremesuppe oder Perlhuhnbrust mit Quinoarisotto und gegrillter Melone, ob Wiener Schnitzel oder Butterkeks-Eis: Man muss schon lange nachdenken, um etwas zu finden, was auf den Speisekarteseiten des Fritz nicht angeboten wird.

Wobei: Leichtes, frisches Essen, wie man es sich angesichts der gut eingeölten Leiber des angrenzenden Bades vielleicht wünschen würde, findet sich nur wenig auf der Karte. Confierte Seeforelle (die sich auf dem Teller als feist-tranige Lachsforelle herausstellt) zum Beispiel, die mit frittiertem Oktopusspieß (?), Grapefruitspalten (?) und kühlschrankkaltem Erdäpfelpüree (?) serviert wird und bei der es vor lauter "leicht" so scheint, als hätte man die Würzung auch gleich weggelassen: Derart flach und indifferent abgeschmeckt bringt das sonst nur eine Krankenhausküche hin.

Panierter Spargel ist eine von drei Veggie-Optionen, die Saison ist halt schon vorbei und statt einer frischen Sauce wird dickes, mittels Brennnessel grüngefärbtes (diesfalls warmes) Erdäpfelpüree gereicht – ganz seltsame Kombination.

Mit Fettcreme einschmieren

Da ringt man schon lieber mit der Gänseleber in dreifacher Ausführung – selbst bei 35 Grad unter dem Sonnenschirm: Das Scheibchen von der Kurzgebratenen gelingt tadellos knusprig und cremig; die Tranche von der Terrine vermittelt kühle Wucht, auch wenn sie bei diesen Temperaturen ebenso schnell im Saft steht; was ganz daneben geht, ist der Minitiegel Crème brûlée, der zwar reichlich braunen Zucker drübergeleert bekommen hat, aber nicht karamellisiert wurde. So beißt man auf klebrige Kristalle, wo bittersüßer Knusperhauch die darunterliegende Fettcreme verbergen sollte.

Kalbskopf wird in seiner schwerst möglichen Variante – paniert – aufgefahren. Dazu gibt es Schnecken, die in dicke, rauchige Speckscheiben eingewickelt sind: ein rätselhaft undurchdachtes Gericht. Ist aber alles fein im Vergleich zum Bratl vom Spanferkel, das (siehe Bild) in zwei massiven Scheiben samt Schwartel in Vorkriegskaugummiqualität zu Tisch kommt und sich nur mit zwei frittierten Grammelknödeln messen muss – das explizit kelchige Paprikakraut kann kalorienmäßig nämlich nicht mit. Und zwar trotz beherzten Schmalzeinsatzes. Und jetzt? Einschmieren! (Severin Corti, RONDO, 30.6.2017)