Wien – Ein sehr ernüchterndes Bild der Rolle von EU und Uno beim Wiederaufbau des zerstörten Ex-Jugoslawien zeichnete am Mittwoch ein Zeuge im Schmiergeldprozess um angeblich illegale Zahlungen von Siemens Österreich an Lobbyisten im ehemaligen Jugoslawien. So sei einer der fähigsten Manager am Balkan von den internationalen Organisationen "abgesägt" worden, dafür herrschte im Gegenzug allgemeines Chaos.

"Man konnte sich auf niemanden verlassen, weder auf die Uno noch die EU. Die Leute saßen wie die Maden im Speck mit 30.000 Dollar im Monat herum, während die Menschen dort mit 300 Dollar auskommen mussten", so der Zeuge, der als hochrangiger Siemens-Techniker am Balkan aktiv war.

Ungenützte Möglichkeiten

Er zeigte sich verbittert über die Möglichkeiten, die am Balkan nicht genutzt wurden, seinen Humor hatte der Zeuge aber trotzdem nicht verloren. Auf die routinemäßige Frage von Richterin Claudia Moravec-Loidolt im tropisch heißen Wiener Straflandesgericht, ob er denn eine Bestätigung für seinen Zeugenauftritt brauche, meinte er: "Meine Frau verlangt's nicht."

Der Prozess wird in den nächsten Tagen fortgesetzt, geladen sind Zeugen zu den Rechnungslegungen an örtliche Berater am Balkan, die die Staatsanwaltschaft als Schmiergeldzahlungen erachtet – was die beiden Angeklagten damaligen Siemens-Manager von sich weisen.

Vernetzte Berater gehören dazu

Im Laufe des Verfahrens zu der Causa, die bereits zwölf Jahre zurück liegt, wurde von den Zeugen zwischen den Zeilen immer wieder betont, dass es zur Pflege der Geschäftsbeziehungen dazu gehörte, gut vernetzte Berater vor Ort zu haben. Gezählt habe im Endeffekt nur, ob sie die Projekte zu einem Erfolg geführt hätten. Nachgefragt wie die zustande gekommen seien habe niemand.

Der Prozess ist vorerst bis Freitag anberaumt, eine Fortsetzung gilt als wahrscheinlich. Den zwei Beschuldigten – ein ehemaliger Finanzverantwortlicher und ein ehemaliger Bereichsleiter von Siemens Österreich – wird Untreue in Höhe von über 17 Millionen Euro vorgeworfen, ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. Ein zentraler Zeuge konnte nicht mehr befragt werden, er starb bei einem Jagdunfall, nachdem er sich zuvor erheblich bedroht gefühlt hatte. (APA, 28.6.2017)