Der Zeit-Reporter Henning Sußebach ist aus der Tür hinaus, losgelaufen und hat am Ende ein Porträt Deutschlands verfasst. Nachdem er bemerkt hatte, dass er zwar weit gereist, ihm aber das eigene Land fremd war, war er aufgebrochen, seine Heimat abseits der Straßen kennenzulernen: 1200 Kilometer ist er zu Fuß gegangen, querfeldein, von Norden nach Süden. Losgezogen ist er, nachdem er gelesen hatte, dass über Deutschland ein dicht geknüpftes Straßennetz liegt.

Sußebach staunte darüber, dass er das betonierte Deutschland schon lange nicht mehr verlassen hatte. Und er fragte sich, was es bedeutet, wenn sich ein jeder, vor allem aber ein Reporter, nur mehr auf jenen Teilen bewegt, die besonders leicht zugänglich sind. Also beschloss er, die Perspektive zu wechseln und brach ohne Termine, Ansprechpartner oder abgesteckte Wege ins Unbekannte auf. Er machte sich auf, das Abseitige zu erkundigen, das man, wie er selbst schreibt, "genau genommen nicht abseitig nennen kann: fast das ganze Land!". Sußebach hat daraus ein kluges, reflektiertes Buch geschrieben, und außerdem ein schönes, das von Sußebachs Gedanken, aber auch von seinen Formulierungen und Beschreibungen lebt.

Der Leser begleitet ihn auf der Reise, bei seinen Begegnungen, bei seiner Annäherung an die großen und kleinen Fragen: So erfährt man etwa, dass die teuerste und modernste Ausrüstung beim Wandern nichts nützt, wenn kein simpler Stock bei der Hand ist. Oder wie sich Sußebachs Bild der Natur ebenso verändert wie das der Menschen, die der populistischen Alternative für Deutschland ihre Stimme geben, weil sie das Gefühl haben, vom betonierten Teil des Landes vergessen worden zu sein. Dabei, hält Sußebach fest, wird auf dem Land gemacht und getan, was den Städtern ihr moralisch integres Leben ermöglicht. Während die Wortführer in den Städten und Zentren des Landes von den Folgen ihrer Entscheidungen meistens verschont bleiben. (Anna Giulia Fink, 28.6.2017)