Im Parlament begann mit dem Beschluss zum Uni-Budget das freie Spiel der Kräfte. Die Koalition stimmte nicht gemeinsam ab.

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Wien – Die Koalition ist nun auch auf Beschlussebene geplatzt. Im Nationalrat stimmte die SPÖ am Mittwoch zusammen mit FPÖ, Grünen und Neos für eine deutliche Anhebung des Uni-Budgets, die damit mehrheitlich angenommen wurde. Die Universitäten sollen damit für die Jahre 2019 bis 2021 ein Plus von 1,35 Milliarden Euro erhalten. Ursprünglich war in der Koalition vorgesehen, diese Mehreinnahmen mit einer Studienplatzfinanzierung zu verbinden, die de facto striktere Zugangsregeln zur Folge gehabt hätte.

"Freies Spiel der Kräfte" im Parlament: Die SPÖ stimmt gemeinsam mit FPÖ, Grünen und NEOS für eine deutliche Anhebung des Unibudgets.
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Die Debatte vor der Abstimmung war von Empörung bei der ÖVP und Freude bei den Grünen über den roten Meinungsschwenk geprägt. Die FPÖ sah die ÖVP trotz oder wegen ihres Taktierens überdribbelt. Die SPÖ betonte die Wichtigkeit, endlich die Uni-Finanzierung sicherzustellen.

Schelling: "Schweres Foul Kerns"

"Das ist ein schweres Foul des Kanzlers" sagte Finanzminister Hans Jörg Schelling. Christian Kern habe offenbar vor, "die Republik in das finanzielle Chaos zu stürzen". Die ÖVP sieht er nicht mehr an das Versprechen gebunden, die SPÖ nicht zu überstimmen.

Wissenschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) sprach von "alter Politik". Klar sei, dass eine reine Finanzzusage nicht zu einer Qualitätsverbesserung der Universitäten beitragen werde: "Geld ohne Strategie löst keine Probleme." Die SPÖ wolle sich aus der konkreten Verantwortung stehlen, statt Verantwortungspolitik werde Theaterpolitik gemacht.

ÖVP-Wissenschaftssprecher Karlheinz Töchterle befürchtet, dass nun wie schon 2008 über freie Mehrheiten kurz vor der Wahl "Geld herausgeschmissen wird, das wir nicht haben". Das sei im höchsten Ausmaß verantwortungslos. Der SPÖ warf er vor, nicht über ihren ideologischen Schatten des scheinbar freien Hochschulzugangs springen zu wollen: "Erträgliche Betreuungsverhältnisse wollen sie nicht."

FPÖ-Bildungssprecher Wendelin Mölzer erklärte, dass sich die ÖVP mit ihrer Taktiererei selbst überdribbelt habe. Man wolle den freien Uni-Zugang erhalten, argumentierte der blaue Wissenschaftssprecher Andreas Karlsböck.

Grüne: "Denkwürdiger Moment"

Jubel herrschte bei den Grünen. "Sehr geehrte Damen und Herren, Sie erleben einen denkwürdigen Moment, die Sozialdemokratie hat ihre Koalitionsdisziplin überwunden", freute sich Klubobmann Albert Steinhauser. "Die Zeit der Blockaden ist mit diesem Tagesordnungspunkt vorbei, das Spiel der ÖVP funktioniert nicht mehr." Nun könne man auch einen gesetzlichen Mindestlohn und die Abschaffung des Amtsgeheimnisses gegen die Volkspartei beschließen.

Grünen-Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer hatte zuvor das Einbringen des Antrags mit der Uneinigkeit von SPÖ und ÖVP begründet. "Bis jetzt konnten sich die Regierungsfraktionen nicht durchringen, diese Finanzierungszusage durchzubringen." Man bringe daher im Sinne der Unis den von der SPÖ-Fraktion formulierten Antrag ein.

SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl konzedierte, dass es sich um einen schwierigen Moment für Mahrer handle. Es gehe aber um die Sicherstellung der Universitätsfinanzierung. Bisher habe es nämlich keine verbindliche Zusagen gegeben, sondern nur PR.

Eigentlicher Verhandlungsgegenstand der Debatte war das neue gemeinsame Studienrecht an Unis und Pädagogischen Hochschulen. Auch dieses wurde beschlossen, allerdings nun gegen die Stimmen der ÖVP.

Rektoren jubeln

Für die Universitätenkonferenz (uniko) ist der Beschluss des Uni-Budgets für 2019 bis 2021 im Nationalrat "selbstverständlich ein Anlass für großen Jubel". "Wir sind dem Nationalrat dankbar, dass es in dieser unvorhersehbaren Weise, auf rot-grüne Initiative hin, zum Finanzierungsbeschluss gekommen ist", so uniko-Präsident Oliver Vitouch zur APA.

Ein "Wermutstropfen" sei es allerdings, dass "die Ausgestaltung der Studienplatzfinanzierung nun mit einiger Diffusität verbunden ist". Er sei aber überzeugt, dass eine verantwortungsvolle neue Regierung in der im Gesetz vorgegebenen Frist bis Ende Jänner 2018 einen entsprechenden Entwurf vorlegen werde. "Wenn das gelingt, dann sind wir in dieser ewigen Hängepartie einen Siebenmeilenschritt weitergekommen. Vorerst wurde ein großer erster Schritt gesetzt." (APA, 28.6.2017)