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Facebook lässt kaum hinter die Kulissen blicken – wie Löschungen oder Algorithmus funktionieren, ist für Nutzer kaum ersichtlich.

Foto: AP Photo/Jeff Chiu

Als Technikjournalist hört man derlei Fragen immer wieder: "Facebook hat mein Foto gelöscht, obwohl ich nicht gegen die Richtlinien verstoßen habe, was kann ich jetzt tun?" Oder auch: "Ich habe einen rassistischen Kommentar gemeldet, aber Facebook meint, dass der nicht gegen die Standards verstoßt. Wieso?" Gute Fragen, die nicht so einfach zu beantworten sind. Beschwerde gegen Facebooks Entscheidungen einzulegen ist in einigen Fällen möglich, in anderen nicht. Das größte Problem: Kaum jemand kapiert wirklich, wie Facebook funktioniert.

Einspruch bei Kontosperre

Facebook beschäftigt einige Tausend Mitarbeiter, die Millionen Hinweise pro Woche ansehen und anhand bestimmter Vorgaben entscheiden müssen, ob ein Foto oder ein Kommentar gegen die Community Standards verstößt oder nicht. Dass dabei auch falsche Entscheidungen getroffen werden, ist unvermeidlich.

Die "Höchststrafe" bei Facebook ist die Sperrung des Kontos. Der Grund dafür können mehrere Dinge sein: Wenn man Inhalte postet, die gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen. Wenn man wiederholt gegen die Gemeinschaftsstandards verstößt. Wenn man einen falschen Namen oder eine falsche Identität angibt. Oder nachdem man andere Nutzer "zum Zweck von Belästigung, Werbung, Reklame oder Datings oder anderen nicht erlaubten Benehmens" kontaktiert hat. Teilweise spricht Facebook eine Warnung aus, teilweise können Konten aber auch ohne Hinweis sofort gesperrt werden. Ist man der Meinung, dass das eigene Konto zu Unrecht gesperrt wurde, kann über ein eigenes Formular Einspruch einheben.

Auch Werbeanzeigen unterliegen bei dem sozialen Netzwerk bestimmten Vorgaben. Ob sie erfüllt werden, wird vorab geprüft. Lehnt Facebook die Anzeige ab, können Werbetreibende und Firmen Einspruch erheben. Das funktioniert über diesen Link.

Fotos oder Inhalte gelöscht

Diffiziler ist die Sache bei einzelnen, gelöschten Inhalten. Wird etwa das Foto eines Nutzers gelöscht, weil es von einer anderen Person gemeldet wurde, gibt es nur bedingt die Möglichkeit, dagegen vorzugehen. "Einspruchsmöglichkeiten gibt es, wenn ein Inhalt wegen Nacktheit oder Pornographie gelöscht wurde", heißt es seitens des Netzwerks auf Anfrage. Erhält man eine Nachricht über so eine Löschung, kann man über einen Feedbackbutton antworten. Bei anderen Meldungen hat man offenbar Pech gehabt. Eine Supporthotline oder ähnliche Kontaktmöglichkeiten zu Mitarbeitern gibt es im Normalfall nicht. Auch mehrere vom STANDARD befragte Social Media-Manager wissen von keinem anderen Weg für Nutzer.

Öfter ist davon zu hören, dass Facebook ein gelöschtes Posting im Nachhinein wieder freigeschaltet hat. Zuletzt ist das etwa bei der deutschen Moderatorin Dunja Hayali passiert, die auf einen beleidigenden Kommentar sarkastisch in ähnlichem Tonfall geantwortet hatte. Wie der "Spiegel" berichtete, entschuldigte sich Facebook für den Fehler. Solche Rückzieher sind teilweise damit zu erklären, dass sich prominente Nutzer oder auch Journalisten direkt mit Facebook-Managern oder der Presseabteilung in Verbindung setzen. Für den durchschnittlichen Nutzer ist das aber keine Option.

Verstöße gegen die Gemeinschaftsstandards

Umgekehrt wird auch immer wieder darüber berichtet, dass offen rassistische oder sexistische Kommentare von vielen Nutzern gemeldet werden, aber Facebook sie trotzdem nicht löscht. Vorweg: Laut Facebook soll es egal sein ob ein Inhalt von einer Person oder mehreren gemeldet wird. Auch eine Häufung der Meldungen soll nicht eher dazu führen, dass ein Foto gelöscht oder ein Profil gesperrt wird. Nach welchen Kriterien Facebook genau löscht, gibt der Konzern nicht bekannt. Der "Guardian" deckte vor einiger Zeit interne Dokumente auf, die zeigen, wie umfangreich die Vorgaben sind.

Facebook betont immer wieder, dass Mitarbeiter laufend geschult und das Team ausgebaut wird. Vor kurzem öffnet das Unternehmen sein deutsches Löschzentrum erstmals für Journalisten um einen Einblick zu geben, wie dort gearbeitet wird. Der Konzern versucht damit etwas mehr Transparenz zu zeigen. Doch wirklich hinter die Kulissen blicken, lässt man nicht.

Der Algorithmus

Ein spanisches Dorf ist für viele auch der Algorithmus, der entscheidet, welche Nutzer welche Inhalte prominenter zu sehen bekommt. Auf seinen Presseseiten informiert das Unternehmen zwar immer wieder, wenn es Änderungen gibt. Spam, Fake News, Clickbait – das sind beispielsweise Inhalte, die Facebook automatisch "verstecken" möchte. Dass das nicht immer funktioniert, weiß wohl jeder Nutzer, wenn er in seinen Feed schaut.

Und dann passiert es, dass plötzlich Tage alte Postings von Freunden angezeigt werden, die man zuvor nicht gesehen hat. Wie das? Facebook unterscheidet zwischen "Top-Meldungen" und "Neuesten Meldungen". Über den Menüpunkt "News-Feed" auf der linken Seite kann man zwischen hin- und herwechseln. Wer die chronologische Ansicht bevorzugt, hat aber abermals Pech gehabt. Denn nach einiger Zeit wechselt die Darstellung automatisch wieder zu den "Top-Meldungen". Weist man Nutzer darauf hin, sind diese oft verblüfft, da diese Einstellungsmöglichkeiten bisher nicht gekannt haben.

Facebook ist zu einem unüberschaubaren, behäbigen Werk geworden, dem viele Nutzer nicht vertrauen. Angesichts des Mottos von CEO Mark Zuckerberg "die Welt näher zusammenzubringen", muss das Unternehmen noch viel mehr dafür tun, seine Prozessor transparenter zu gestalten. (Birgit Riegler, 09.09.2017)