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Sebastian Ofner ist auf der ATP-Bühne noch ein unbeschriebenes Blatt.

Foto: REUTERS/Tony O'Brien

London – Mit seinem unbekümmerten Premierenauftritt in Wimbledon hat er für einen Tag sogar Dominic Thiem die Show gestohlen. Sebastian Ofner hat bei seinem ersten Turnier auf der großen Tennis-Bühne Lunte gerochen. Am Donnerstag trifft der Steirer in der zweiten Runde auf den US-Amerikaner Jack Sock. Kampflos will sich der Sensationsmann auch der Nummer 18 der Welt nicht geschlagen geben.

Rasenpremiere

Trumpf des 1,91-Meter-Mannes ist sein Service. "Der Aufschlag ist auf Rasen sicherlich einer der wichtigsten Schläge", meinte Ofner. "Wenn ich gut serviere, muss mich einmal einer breaken." Dabei halten sich seine Erfahrungen auf dem schnellsten aller Beläge in Grenzen: Vor seinem in der Wimbledon-Qualifikation begonnenen Erfolgslauf hatte der 21-Jährige noch nie auf Rasen gespielt.

Mit seinem glatten Drei-Satz-Sieg am Dienstag gegen den Brasilianer Thomaz Bellucci ist Ofner aber in der großen Tennis-Welt angekommen. "Das war bis jetzt der größte Sieg in meiner Karriere", sagte der Youngster, der sich bisher bei Future- und Challenger-Turnieren verdingt hatte. Verdient hat er bei seiner Grand-Slam-Premiere schon 57.000 Pfund (65.000 Euro) – mehr als davor in seiner gesamten Karriere zusammen (46.193 Dollar). "Das ist schon ein schöner Sprung."

Großer Sprung

In der Weltrangliste wird sich Ofner selbst bei einer Niederlage gegen Sock von derzeit Position 217 um fast 50 Plätze verbessern. Gegen den US-Amerikaner ist er krasser Außenseiter. "Jetzt kommt noch einmal ein höheres Kaliber", weiß Ofner. Sock ist ebenfalls 1,91 m groß – und kommt im Gegensatz zu Bellucci auch auf Rasen gut zurecht.

Das gilt aber auch für Ofner. "Ich fühle mich wohl beim Return auf Rasen", sagte der Steirer. "Ich werde versuchen, dass ich jede kleine Chance nütze." Ziel sei es, gegen einen Spieler wie Sock "zumindest einmal einen Satz zu gewinnen". Für das bisher größte Spiel seiner Tennis-Karriere werden auch seine Eltern nach London reisen.

Schützling von Wolfgang Thiem

Ofner ist im Raum Bruck an der Mur aufgewachsen. Er stammt nicht aus einer klassischen Tennis-Familie. Erst nach der Matura begann er in einem professionelleren Umfeld zu arbeiten. Mittlerweile trainiert das Talent bei Wolfgang Thiem, dem Vater von Österreichs Aushängeschild Dominic, in der Südstadt.

Insofern freute sich auch Dominic Thiem über Ofners überraschende Erfolge. "Das ist völlig verdient", sagte Österreichs Nummer eins über die mediale Aufmerksamkeit für seinen Kollegen. "Das ist sein erstes Rasenturnier. Er dreht einen Zwei-Satz-Rückstand in der letzten Quali-Runde und schlägt einen Bellucci (Nr. 55 der Welt) glatt in drei Sätzen. Das ist eine unfassbare Leistung, und ich hoffe auch, dass die hoch genug eingeschätzt wird."

Er selbst schätzt seinen Landsmann, den Spätstarter, den er lange Zeit kaum gekannt hatte. "Seit er bei uns trainiert, kenne ich ihn natürlich", sagte Thiem. "Um befreundet zu sein, habe ich ihn noch zu wenig kennengelernt. Aber das kann, wenn er so weiterspielt, noch werden." Dann würde das Duo einander nicht nur in der Südstadt, sondern auch auf der ATP-Tour öfter begegnen. (APA, 5.7.2017)