Wien/Cambridge (Massachusetts) – Gefährliche Fernmetastasen etwa in der Lunge oder Leber sind großteils "Töchter" der ursprünglichen Tumore, fand ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung heraus. Bisher glaubte man, dass sie vorwiegend aus Tochtergeschwülsten in den Lymphknoten entstehen. Deren operative Entfernung verhindert also nur manchmal Fernmetastasen. Die Studie erschien im Fachmagazin "Science".

Ein Team um Kamila Naxerova vom Massachusetts General Hospital in Boston (USA) hat die Verwandtschaftsverhältnisse von Darmkrebs-Ursprungsgeschwülsten (Primärtumoren), Metastasen in den Lymphknoten sowie Fernmetastasen in anderen Körperorganen durch Erbgut-Sequenzierung und Stammbaumanalysen untersucht. An der Studie waren auch die Österreicher Johannes Reiter und Martin Nowak, die beide an der Harvard University in Cambridge (USA) im Bereich Biomathematik forschen, beteiligt.

Leben nicht signifikant verlängert

Bei den Medizinern war bisher die gängigste Hypothese, dass ein Primärtumor zuerst lymphogene Metastasen bildet und diese später Fernmetastasen aussenden, erklärt Reiter. Deshalb wurden bei Krebspatienten oft nicht nur der Primärtumor operativ entfernt, sondern auch nahe liegende Lymphknoten. "Mehrere Studien haben aber gezeigt, dass solche Eingriffe die Lebenserwartung nicht signifikant verlängern", so der Experte.

Die Forscher fanden nun heraus, warum das so ist. Bei zwei Drittel der Patienten stammten die Fernmetastasen nicht von Lymphknotengeschwülsten ab, sondern direkt vom ursprünglichen Tumor. "Das impliziert, dass die chirurgische Entfernung der Lymphknoten die Fernmetastasen nicht verhindern kann", ergänzt der Forscher.

Lediglich in einem Drittel der Fälle sind die Lymphknoten- und Fernmetastasen aus einer Linie, was bedeutet, dass die Lymphknotengewächse hier wohl quasi die "Eltern" der Fernmetastasen sind. Nur in solchen Fällen könnte die Entfernung der Lymphknoten lebensverlängernd sein. (APA, 8.7.2017)