Sollte Peter Pilz im Herbst mit einer eigenen Liste antreten, würde dies nicht nur den Grünen Stimmen kosten.

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In Österreichs Politik geht es rund. Es werden fröhlich Politiker ausgetauscht und ersetzt, kein Stein bleibt auf dem anderen. Obwohl gerne darüber gesprochen wird, wie offen man als Partei ist und dass über neue Ansätze und Ideen gerne diskutiert wird, so zeigt sich in diesem Sommer, wie schnell man den Sessel räumen darf, wenn man nicht in allen Punkten parteikonform agiert.

Dass unterschiedliche Meinungen im eigenen Umfeld auch Chancen auf bisher nicht angesprochene Wählergruppen bergen, dessen ist man sich zwar bewusst, nur wird dankend darauf verzichtet. Es wird provoziert, etwa mit der Gründung einer neuen Partei. Und diese hat durchaus Potenzial. In Deutschland hat es "Die Linke" vorgemacht und hier scharrt man bereits in den Startlöchern. Und wie das genannte Beispiel gezeigt hat, so könnte gerade diese neue Bewegung ein ziemlich schmerzhaftes Loch in den Wählerpool picken – um nicht zu sagen "hacken".

Erneuerungszentrifuge in der Politik

Der politische Reformprozess begann mit der SPÖ, die vor mehr als einem Jahr ihren langjährigen Chef Werner Faymann durch den erfolgversprechenderen ÖBB-Boss Christian Kern ersetzte. Danach kam es auch zu mehr oder weniger spektakulären Führungswechseln bei der ÖVP und bei den Grünen. Auch die Neos versuchen es mit einer Blutauffrischung in der Person der einstigen Höchstrichterin und erfolgreichen Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss.

Einzig die FPÖ ist bis auf einen Ausreißer bei der vergangenen Bundespräsidentenwahl und einer kurzen Obmanndebatte die Ausnahme in diesem parteienübergreifenden Wandel. Die Freiheitlichen müssen angesichts dieser Revolutionen in den anderen Parteien aufpassen, dass sie in der momentanen Erneuerungszentrifuge in der Politlandschaft nicht bald alt aussehen.

Pilz als Alpen-Che-Guevara

Nun sieht es so aus als würde Peter Pilz, nachdem er es beim Bundeskongress der Grünen nicht mehr auf die Nationalratswahlliste der Partei schaffte, auch mit einer eigenen Liste als Alpen-Che-Guevara mit einer Art Linkspartei bei der kommenden Nationalratswahl antreten. Das mögliche Potenzial seiner Bewegung schätzt Pilz selbst auf bis zu 40 Prozent. Zielgruppe wären Nichtwähler und Protestwähler sprich Wahlberechtigte, die sich bei den Altparteien nicht aufgehoben fühlen. Fakt ist, sollte Pilz wirklich mit einer Art Linksbewegung antreten, die im österreichischen Politspektrum noch nicht vorhanden ist, würde dies nicht nur seiner einstigen ideologischen Heimat – den Grünen – sondern auch der SPÖ und auch der FPÖ Stimmen kosten. Zweifelsfrei würde es ihm auch gelingen, neue Wählergruppen anzusprechen, die sich in der Form noch nicht angesprochen fühlen und welche nicht alleine aus dem grünen Milieu kommen.

Pilz' Partei wäre ein antielitäres Konkurrenzmodell zu den domestizierten Grünen und ein starker linker Gegenpol zur FPÖ, der neuen Volkspartei und den liberalen Neos. Die neue Partei würde Kerns SPÖ in der Positionierung stark unter Zugzwang bringen und könnte auch den Einzug der Grünen in den Nationalrat im Worst-Case deutlich erschweren. Eines steht aber heute schon fest: Österreichs Politalgorithmus würde um eine neue schwer zu berechnende Unbekannte reicher. (Daniel Witzeling, 13.7.2017)