Der Feuerfisch, im englischen Lionfisch, produziert sein Gift über dem Flossenansatz. Wer die Stachel berührt, hat es intus.

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Steinfische lauern regungslos in flachen Gewässern auf Beute. Wer draufsteigt, schreit.

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Drachenkopf: Dieser Fisch ist eine Zutat für Bouillabaise, die französische Fischsuppe. Besser, es sind keine Stacheln drinnen.

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Wien – Sie sehen toll aus. Ihre tentakelartigen Flossenstrahlen wirken wie Löwenmähnen, weshalb man die Tiere im Englischen auch gerne "Lionfish" nennt. Die hübsche rotweiße Färbung indes sollte als Warnsignal verstanden werden. Mit Feuerfischen aus der Gattung Pterois ist nicht zu spaßen! Die meisten ihrer Flossen sind mit Stacheln ausgerüstet, an deren Flanken sich spezielle Rinnen befinden. Diese wiederum dienen als Kanäle für ein übles Giftgemisch, das von doppelten Drüsen am Flossenansatz produziert wird. Mit einer solchen Bewaffnung braucht der Feuerfisch nur wenige andere Meeresbewohner zu fürchten. Kein Wunder also, dass man sie leicht beobachten kann. Aber bloß nicht berühren!

Weltweit gibt es mehr als ein Dutzend verschiedene Feuerfisch-Spezies, am häufigsten jedoch dürften Urlauber die pazifische Art Pterois volitans zu Gesicht bekommen. Sie bewohnt die tropischen Meeresgebiete Südostasiens und Australiens und treibt sich dort bevorzugt an Riffen oder in Lagunen herum. Die Tiere wurden vor über 20 Jahren auch in die Karibik und den Golf von Mexiko eingeschleppt, wo sie inzwischen eine echten Plage sind – nicht nur für Touristen. Die Feuerfische dezimieren die einheimische Fauna. Ökologen würden die schwimmenden Invasoren am liebsten wieder loswerden.

Das Gift in den Stacheln

Pterois gehört zur Familie der Scorpaenidae, deutsch Skorpionsfische, auch da gibt es Giftmischer. Der Rote Drachenkopf (Scorpaena scrofa) zum Beispiel kommt im Mittelmeer vor. Als beliebter Speisefisch kommt er in die "Bouillabaisse". Vor dem Ausnehmen müssen allerdings die Giftstacheln abgeschnitten werden, am besten mit einer Küchenschere. Für Badegäste stellt der Drachenkopf keine Gefahr dar, weil er sich praktisch nur in Wassertiefen ab 20 Metern aufhält.

Ganz anders verhalten sich dagegen die Steinfische der Gattung Synanceia, die gerne Flachwasser aufsuchen. Deren Name könnte kaum treffender sein: Mit ihrer runzeligen Haut und Fleckenzeichnung sind sie kaum von tangbewachsenen Steinen zu unterscheiden. Bis man drauftritt. In Bezug auf ihre Abwehr sind Steinfische die giftigsten Fischarten überhaupt, erklärt James Diaz von der Louisiana State University in New Orleans. Der Mediziner hat schon mehrfach Patienten mit von Synanceia und Pterois verursachten Stichverletzungen behandelt. Todesfälle sind zum Glück sehr selten, nur zwei sind wissenschaftlich dokumentiert. Dennoch lösen die injizierten Giftstoffe extreme Schmerzen und oft auch starke Schwellungen aus.

Bei den Toxinen selbst handelt es sich um komplex gebaute Proteine mit verschiedenen Wirkungen. Eines davon, Stonustoxin, zerstört Zellmembranen und kann zudem schwere Herzrhythmusstörungen verursachen. Als Eiweißkonstrukte sind die Moleküle allerdings wärmeempfindlich. Die wichtigste Notfallbehandlung ist deshalb, das betroffene Körperteil in heißes Wasser einzutauchen und es 30 bis 90 Minuten darin zu halten, so Diaz. Die Temperatur sollte möglichst 45° Celsius betragen. Zwar ist auch das unangenehm, doch es bremst die vom Gift verursachten Symptome aus.

Wundfäule als Supergau

Gegen die Toxine von Steinfischen gibt es ein wirksames Gegengift. Es wird nur bei schweren Fällen benötigt, wie James Diaz erläutert. Auf keinen Fall sollte das vom Stich getroffene Glied abgebunden werden. Das Gift muss über Venen und Lymphgefäße abfließen, damit der Körper es möglichst schnell neutralisieren kann. Des Weiteren empfiehlt Diaz, falls nicht vorhanden, eine Tetanus-Schutzimpfung.

Die Auslöser des Wundstarrkrampfs, Bakterien der Art Clostridium tetani, leben nämlich nicht nur im Erdreich, "sie gedeihen auch an Stränden, weil dort viel organisches Material verrottet", sagt der Experte. Die Fischstacheln können deshalb mit den Keimen kontaminiert sein. Clostridium tetani ist aber nicht der einzige marine Krankheitserreger. Weitere Mikrobenspezies wie Vibrio vulnificus sind speziell an ein Leben im Salzwasser angepasst. Sie brauchen Eisen, erklärt, Diaz, und das holen sie gerne aus Blut.

"Gesunde Menschen können sich auf ihr Immunsystem verlassen, um Vibrio in Schach zu halten." Bei immungeschwächten Personen oder Leberkranken mit einem hohen Bluteisen-Spiegel dagegen verursachen die Winzlinge mitunter üble Geschwüre – bis hin zu Wundfäule. Dann hilft nur noch ein chirurgischer Eingriff. Genau wie Pterois sind auch Steinfische eine tropische Gattung, die unter anderem an den thailändischen Stränden und dem Great Barrier Reef in Australien leben. Wer unangenehme Begegnungen vermeiden will, trägt Sandalen mit dicken (!) Sohlen und greift in Gezeitentümpeln nichts Verdächtiges an. Hobbyköche sollten sich auf Fischmärkten ebenfalls vor Scorpaeniden in Acht nehmen. Die Toxine sind nach dem Tod der Tiere noch über 48 Stunden lang wirksam. Wegen einer Bouillabaisse möchte man ja nicht im Spital landen. (Kurt deSwaaf, 8.7.2017)