Der jüngste Albertina-Neuzugang: Gottfried Helnweins "Pink Mouse 2".

Foto: Bildrecht, Wien, 2017

Wien – Es hätte nicht diese Auswahl werden müssen. Man verfüge über gleichermaßen qualitative Werke für mindestens zehn weitere, gänzlich andere Präsentationen, erklärt Klaus Albrecht Schröder, der einführend von seinem morgendlichen Spaziergang über die Mariahilfer Straße zur Albertina erzählt: Die unterschiedlichsten Sprachen habe er da gehört, die verschiedensten Typen gesehen, und dieser begrüßenswerten kulturellen Diversität wolle er in seiner Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit Rechnung tragen.

Für den fehlenden roten Faden in der Ausstellung Look! New Acquisitions ist das eine zeitgemäße, gute Erklärung: Schließlich haben die geometrisch-abstrahierten "Wellen" von Helga Philipp mit den wallenden Mähnen auf den Zeichnungen Michaela Ghisettis wirklich rein gar nichts zu tun.

Monotonie lassen Brüche wie diese freilich nicht aufkommen, und insgesamt war man in der erstmals auf zwei Stockwerken präsentierten Sammlungsausstellung doch um eine lose inhaltliche, teils formal-mediale Zusammenstellung bemüht.

Natur/Stadt/Landschaft

Unter den Oberbegriffen "Natur/Stadt/Landschaft" könnte man etwa eine Reihe von Neuerwerbungen rund um eine großformatige Arbeit von Julie Mehretu zusammenfassen: Epigraph, Damascus ist der Titel des beeindruckenden Werks – einer skizzenhaften Darstellung der syrischen Stadt, die die in New York lebende Künstlerin mit gestischen sowie zeichenhaften malerischen Elementen überarbeitet hat.

Dem Bild gegenüber hängt eine reduzierte, materialanalytische Arbeit von Rudi Stanzel, die sich in dem Raum sehr wohltuend trennend zwischen Mehretus düstere Ansicht und die – über die räumliche Nähe auch inhaltlich etwas zu nahe zusammengebrachten – Naturbilder von Max Weiler, Herbert Brandl und Per Kirkeby schiebt.

Jüngere Künstlergeneration

Im Anschluss geht man weiter in Richtung einer jüngeren Künstlergeneration, die die großen Formate auf kleinere Maße herunterschraubt. Um sie umfassend zu repräsentieren, ist man – so Kuratorin Antonia Hoerschelmann – aber auch weniger um isolierte Einzelwerke als um größere Werkgruppen bemüht.

Mit ebensolchen sind nun unter anderen Anna Jermolaewa, Markus Schinwald, Sveda Chkoutova und Csaba Nemes vertreten, wobei diese zudem die Beschäftigung mit Politischem eint: Anna Jermolaewa thematisiert in ihrer Aquarellserie Iconoclasm den Sturz der Lenin-Denkmäler in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion; die Bulgarin Sveda Chkoutova reflektiert das nach wie vor schwierige Verhältnis zwischen Ost und West, und Csaba Nemes, 1966 in Ungarn geboren, erinnert mit seinem 48-teiligen Zyklus Hotel Metropol an die Geschichte der Gestapo-Zentrale am Wiener Morzinplatz.

Schenkungen von Künstlern

Detaillierte Werkangaben erzählen davon, mit welchem Geld (überwiegend privatem) und wann die Werke in die Sammlung der Albertina kamen, wobei sich die meisten Gemälde Schenkungen der Künstler verdanken: Die theatral anmutenden politischen Collagen von William Kentridge gehören etwa dazu, Gemälde von Robert Longo und der jüngste Neuzugang: die Pink Mouse 2 von Gottfried Helnwein.

Präsentiert wird die scary Horror-Mouse in einem eigens dem Künstler gewidmeten Raum in der Basteihalle, wo man – wie jeden Sommer – auch Poppiges von Roy Lichtenstein, Gemälde von Alex Katz, Georg Baselitz, Sigmar Polke, Arnulf Rainer, Hubert Scheibl sowie – nach längerer Zeit – auch wieder Holzschnitte von Christiane Baumgartner zeigt.

Als Überraschungen erweisen sich dort zwei mittelgroße Werkschauen, die man dem türkischen Künstler Burhan Doğançay (1929–2013) und dem in Graz geborenen Künstler Johannes Deutsch (geb. 1960) ausgerichtet hat: Während Ersterer mit seinem an die Affichisten erinnernden Werk den ureigensten Aufgaben der Albertina entspricht, macht das zwischen Kunst und Film changierende Werk von Deutsch ein für das Haus eher ungewohntes medienübergreifendes Fenster auf. (Christa Benzer, 11.7. 2017)