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Ein Foto aus dem Jahr 2012 als die Begeisterung für Windows Phone bei Microsoft und Nokia noch groß war. Im Bild der einstige Nokia-CEO und Ex-Microsoft-Manager Stephen Elop (links) sowie Steve Ballmer.

Foto: RICK WILKING / REUTERS

Aus und vorbei: Mit dem offiziellen Supportende hat Microsoft vor kurzem Windows Phone offiziell zu Grabe getragen. Für die verbliebenen Nutzer heißt dies: Es wird keinerlei Updates mehr geben, selbst kritische Sicherheitslücken werden ab sofort offen bleiben.

Vorgeschichte

Dabei hatte Microsoft dereinst große Hoffnungen in das Betriebssystem gesteckt. Im Oktober 2010 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, sollte Windows Phone Android und dem iPhone Paroli bieten. Und tatsächlich waren die ersten Reaktionen vielversprechend. Die Tester lobten das innovative Design, das nicht einfach die Konzepte von Apple kopierte, sondern auf interaktive Kacheln setzte.

Nur wenige Monate später folgte dann der erste große Coup: Mit Nokia konnte Microsoft den damals noch größten Handyhersteller der Welt für Windows Phone gewinnen – und zwar exklusiv. Die Basis war also gelegt so mancher Analyst prognostizierte gar, dass Windows Phone schon bald iOS den Rang als Nummer 2 unter den Smartphone-Betriebssystemen abnehmen sollte. Allein: Die Konsumenten wollten bei dieser Rechnung nicht so recht mitspielen.

Realität trifft Vision

Die frühen Windows Phones verkauften sich nur schwach, während Google mit Android immer mehr Hardwarehersteller um sich scharen konnte, und seine Marktmacht mit beeindruckender Geschwindigkeit ausbaute. Microsoft – und Nokia – reagierten darauf, indem man zunehmend auf den Low-End-Markt abzielte. Eine Strategie, die dem Betriebssystem tatsächlich gewisse Achtungserfolge bescheren sollte: In einzelnen Ländern stieg der Marktanteil von Windows Phone bis in den zweistelligen Bereich. Freilich hatte dieser Erfolg eine Schattenseite: Mit einem Ende 2015 bei 148 US-Dollar liegenden Durchschnittsverkaufspreis von Geräten mit Windows Phone ist es unmöglich Geld zu verdienen.

Umarmung

Die bevorzugte Partnerschaft mit Nokia zeigte ebenfalls recht bald negative Effekte: Verloren doch andere Hersteller schnell das Interesse an der Entwicklung von Smartphones mit Windows Phone. Hinter vorgehaltener Hand war hier immer wieder zu vernehmen, dass es einfach keinen Sinn ergebe in einem solche schmalen Marktsegmente gegen einen Hersteller anzutreten, der von Microsoft präferiert wird.

Unterdessen schlitterte Nokia in eine immer tiefere Krise. Das Bestandsgeschäft ging schneller den Bach hinunter als erwartet, während das ganz an Windows Phone gebundene Smartphone-Business diesen Umsatzeinbruch nicht mal ansatzweise auffangen konnte. Auch die Veröffentlichung von Windows Phone 8 und schlussendlich WIndows Phone 8.1 im April 2014 änderte an diesem Zustand nichts mehr.

Nokia-Krise

Und so erwies sich die innige Umarmung zwischen Nokia und Microsoft schlussendlich auch als ein echtes Problem. Als Nokia zunehmend ins Schlittern geriet, entschloss sich Microsoft-Boss Steve Ballmer zur Übernahme der Mobilfunksparte des traditionsreichen Herstellers. Es war eine der letzten großen Entscheidungen von Ballmer, der kurz danach von Satya Nadella abgelöst wurde. Dass dieser den Deal ursprünglich abgelehnt hatte, passte da bereits recht gut in das chaotisch Bild, dass Microsofts Smartphone-Geschäft zu diesem Zeitpunkt abgab.

Von dem, was Nokia einmal darstellte, ist mittlerweile kaum mehr etwas vorhanden, praktisch alle übernommenen Angestellten wurden seitdem entlassen. Die Smartphone-Betriebssystementwicklung gab Microsoft hingegen bis dato noch nicht auf. Mit Windows 10 Mobile gibt es einen aktuell noch entwickelten Nachfolger für Windows Phone. In Hinblick auf die Marktanteile spielt der aber sogar noch eine geringere Rolle als sein Vorgänger, angesichts einer geringen Auswahl an verfügbaren Geräten sind die Verkäufe so minimal, dass sie viele Marktforscher nicht einmal mehr gesondert ausweisen.

Frühe Fehler

Wer nach den Ursachen für das Scheitern von Windows Phone sucht, darf sich aber nicht auf die Nokia/Microsoft-Dynamik beschränken, sondern muss noch weiter in der Vergangenheit zurückgehen. Wurden die entscheidenden Fehler doch bereits Jahre zuvor gemacht. Geradezu sinnbildlich hierfür kann jenes Interview stehen, in dem Microsoft-Chef Steve Ballmer im Jahr 2007 das iPhone verlachte, und dabei recht offensichtlich nicht begriff, welch fundamentaler Wechsel im Client-Computing hier gerade vor seinen Augen stattfand.

Schlussendlich war es aber vor allem Android mit einer Art besserem Windows-Modell, das Microsoft die Luft zum Atmen nahm. Eine neutrale Plattform, die nicht nur kostenlos sondern auch noch Open-Source war, dagegen konnte Microsoft mit seinem auf Lizenzeinnahmen fokussierten Modell nicht ankommen. Zumal Google beim ersten Auftauchen von Windows Phone im Jahr 2010 bereits praktisch alle Branchengrößen für sich gewonnen hatte.

Windows 10

Was bleibt ist das von Microsoft noch immer gewartete Windows 10 Mobile. Laut aktuellen Zahlen von Adduplex ist dies aber nur ein begrenzter Trost für bestehende User des Systems: Nur ein Viertel sämtlicher aktiv noch genutzter Windows-Smartphones läuft mit der neuesten Ausgabe des Betriebssystems. Alle anderen haben soeben den Support verloren.

Für die Zukunft bleibt Fans von Microsofts mobilem Betriebssystem insofern eigentlich nur die vage Hoffnung auf bessere Zeiten. Mit dem Surface Phone wolle der Hersteller irgendwann einmal in den Markt für Mobiltelefone zurückkehren, so ein immer wieder zu hörendes Gerücht. Eines, das aber auch schon seit einigen Jahren durch die Gerüchteküche kursiert, und sich bisher nicht so recht bewahrheiten will. Unterdessen haben sich Microsoft selbst längst an die aktuelle Marktrealität angepasst: Die App-Entwicklung des Windows-Herstellers konzentriert sich aktuell ganz auf Android und iOS. (apo, 13.7.2017)