Blaha (29) will seine letzten Wettkampfsprünge genießen.

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Wien/Budapest – Constantin Blaha federt vom Sprungbrett ab, er schlägt Salti, dreht sich um die eigene Achse, taucht ein und taucht auf. Spritzen soll es nicht: "Wenn der Sprung schlecht war, weißt du es sofort." Constantin "Coco" Blaha ist Wasserspringer, bald muss man sagen, Coco Blaha war Wasserspringer. Die Bewerbe vom 1-m- und vom 3-m-Brett bei der heute beginnenden Schwimm-WM in Budapest sind seine letzten Auftritte.

Der Wiener ist 29 Jahre alt, er springt seit "gefühlten 40 Jahren", das sei jedenfalls genug. Blahas Zukunft heißt Arizona State University, in Phoenix hat er schon vier Jahre studiert und seine Lebensgefährtin Kimberly kennengelernt, nun beginnt er ein Masterstudium. "Irgendwann kommt der Punkt, wo du auf alles zurückblickst, was du schon erreicht hast – damit bin ich großteils zufrieden", sagt Blaha.

Die Highlights des Erreichten: zwei Olympiateilnahmen, EM-Bronze, ein Grand-Prix-Sieg, ein fünfter WM-Platz, sechs WM-Teilnahmen. In "Flashes" seien Erinnerungen zurückgekommen, während sich Blaha im Wiener Stadthallenbad auf sein letztes Großereignis vorbereitet hat. Prominent vertreten: der Moment, als er sich 2008 erstmals für Olympia qualifizierte. "Da habe ich erstmals zu den Elitespringern gehört. Davor bewundert man sie, dann ist man einer von ihnen." Blaha war in Peking 22., für London qualifizierte er sich nicht. Ein Knick. "Da war ich mir nicht sicher, ob ich aufhöre."

In Rio verblasen

Der Heeressportler machte weiter und schaffte es nach Rio. Dort verblies der Wind in einem umstrittenen Wettbewerb sogar den Weltmeister, Blaha selbst landete auf Rang 27. Trotzdem, "das Weitermachen hat sich ausgezahlt. Das waren die besten vier Jahre meiner Karriere." Die meisten Highlights fielen in die Jahre von 2012 bis 2016, Wasserspringen ist mehr als nur Olympia. Den Lebensrhythmus diktieren aber die fünf Ringe. "Es ist eigentlich krank, dass man sich so hindrillt auf diesen Mythos Olympia", sagt Blaha. In seiner Branche gehe es um "de facto zwölf Sekunden", da sind schon alle sechs Sprünge eingerechnet. "Du kannst in einer Zehntelsekunde vom zehnten auf den 40. Platz springen."

Im Training ist Blaha Spaßvogel und Motivator. "Es ist nicht so, dass ich ein ganzes Jahr leide und dann nur sechs Sprünge lang genießen kann." Die Vorbereitung ist ein Prozess, wenn die Formkurve steigt, sei das "eine geile Zeit". Am Ende dieses Prozesses sollen sechs perfekte Sprünge stehen, der Druck am Brett ist groß. Vor dem Anlauf fühlt sich Blaha in den Sprung ein, geht die Eckpunkte und die wichtigsten Details durch. Dann ist im Idealfall geistige Ruhe. "Die besten Wettkämpfe sind die, bei denen ich mich gar nicht an den Sprung erinnere."

Die WM startet für Blaha noch vor der Eröffnungsfeier. Die 1-m-Qualifikation steigt heute um 11 Uhr, das Finale wäre am Sonntag. Der 3-m-Bewerb geht von Mittwoch bis Donnerstag über die Bühne. "Ich hoffe, dass ich nicht die ganze Zeit daran denke, dass es meine letzten Sprünge sind. Das wäre eher ein Rezept für die Niederlage", sagt Blaha. Die Alternativvariante: "Vielleicht wird es der beste Wettkampf meines Lebens, weil ich mir weniger Druck mache."

Für Blahas Traumziel WM-Edelmetall bräuchte es diesen wohl, vorgenommen hat sich der Routinier jedenfalls einen Finaleinzug. Und: "Ich will es genießen und alles aufsaugen." (Martin Schauhuber, 13.7.2017)