Die Begeisterung, mit der Irmgard Griss in den Schoß der Neos aufgenommen wurde, hatte den Charakter eines Erweckungserlebnisses, und das nicht ohne Grund. Die Hoffnung, wieder in den Nationalrat einzuziehen, hat damit endlich ihre Berechtigung gefunden, da spielte es schon keine Rolle mehr, dass sich der Überraschungseffekt in Grenzen hielt. Das sei schon zu Beginn des Jahres "mehr oder weniger" klar gewesen, gestand die Neokandidatin. Überraschender war da schon, dass der Gegenschlag von Sebastian Kurz zunächst zu nicht mehr reichte als zu Efgani Dönmez. Politikferne Quereinsteiger wolle er um sich versammeln, konnte man vor kurzem von ihm hören, womit er einen medialen Quereinsteigerboom auslöste, der mittlerweile auch schon die SPÖ erfasst hat. Und dann das.

Um glaubwürdig als politikfern zu gelten, hat sich Dönmez vormals etwas zu deutlich artikuliert, und er wird sich als Querumsteiger intensiv verbiegen müssen, um ÖVPneu-kompatibel zu werden. Aber das sollte kein Problem sein und kann die Erwartung in die nächsten Quereinsteiger nur beflügeln. Die unternehmerischen Erfahrungen etwa einer Waxing-Lady sollten imstande sein, jeden Wirtschaftsbundfunktionär von der Bundesliste zu verdrängen.

Aber welch triumphale Quereinstiege auf die Liste Kurz auch immer zu erwarten sind, wird nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die prominenteste Quereinsteigerin, die in diesem Wahlkampf im Angebot war – eben Irmgard Griss -, dem ÖVP-Erneuerer von Matthias Strolz weggeschnappt wurde. Der hat damit gezeigt, dass die politische Attraktivität von Sebastian Kurz ihre Grenzen hat, und zwar dort, wo es über Populismus hinaus um Grundsätzliches und Charakter geht.

Mit dem Block der Stimmen für sie aus der Bundespräsidentenwahl, auch wenn es nicht alle 800.000 gewesen wären, hätte Kurz ein Sieg am 15. Oktober nicht mehr genommen werden können. Er, der von seiner Partei alle Freiheiten bei der Acquisition von Personal erhielt, der die Sammlung von unabhängigen Persönlichkeiten als Programm zu betreiben vorgibt, konnte Griss nicht von sich überzeugen.

Dabei kommt sie aus einer ÖVP-Familie, hat nach eigener Aussage öfter ÖVP gewählt, stand dieser Partei also nicht von vornherein ablehnend gegenüber. Gespräche mit Kurz hat es gegeben, und von ihrer Seite waren sie ernsthaft, wie sie in einem Presse-Interview erklärte. Was sie als Ursache für deren Scheitern nannte, ist umso weniger schmeichelhaft für den türkisen Hoffnungsträger der Schwarzen, als es nicht von böswilligen Linken kommt: "Ich bin für ehrliche, sachliche, nichtpopulistische Politik." Und dass sein Türkis "einen starken Stich ins Blaue" hat, ruft nur in Erinnerung, was anderen auch schon aufgefallen ist.

Aber keine Sorge, die nächsten Bewerber um einen Quereinstieg bei Kurz werden sich von dieser Einschätzung kaum beeinflussen lassen. Wenn sogar ein Efgani Dönmez das mit ihm seit neuestem Gemeinsame vor das Trennende stellen will, werden andere diesem Beispiel wohl folgen. Und was nicht überraschen kann: die Spenden fließen. (Günter Traxler, 13.7.2017)